28/05/12
Roller Derby, a real "predecessor" of Jugger
David Webb Peoples, who invented Jugger for his movie Blood of Heroes, said he had been inspired by the short story of Rollerball Murder in the 70th. Here is a short history on Rollerball.
Now I was delighted to learn, thanks to my colleague and good friend Frank,
that there is a real Rollerball – and if stories are true, it exists for
much longer than the short story, or the movie. It is called Rollerball
Derby, and there is even a team in Berlin: The
Berlin Bombshells (what a great name), and as most teams, it
consists entirely of women.
The interesting thing is that its all-women revival around 2000 seems to
have a certain Punk- and do-it-yourself background, which reminds of
Jugger of course; yet in Rollerball Derby, real bruises seem to be quite
common, and the girls (okay, female athletes being sometimes well in
their 30th) seem to be quite proud on it. Also, they seem to put quite a
weight on
their alternate "skater names". Yet again, the team names
remind of those of Jugger teams (it sounds better to be the Deadly
Wings of Steeeeel – babe – [Falco jugger Hunting Formation]
than the Polo-shirt-approved-white-socks "Berlin Jugger White-Navy
2007", does it. Or, for that matter, the "Berlin
Bombshells" instead of "RD Berlin 1"). Some
emphasis seems to be put on show, as DJs and outfit is well present at
tournaments. And the play with Gender/Feminist/Punk aesthetics and
cliché is quite refreshing. All in all, the girls not only seem to be
able give quite a push, but also have a nice self-confident kind of
humour.
All in all, this seems a sport worth to watch.
A
description for German speaking visitors:
Photo
credits: cc by-sa Kristina
D.C. Hoeppner
PS. I have no idea why I have written this article in English, where Roller Derby seems to be well-known compared to Germany ...
18/05/12
Translation of the German Jugger rulebook online
Thanks to Daniel Ebbert
and the contributors of the etherpad Jugger rules translation project,
there is an English version of the German Jugger rulebook now available.
If
you are interested in by which rules Jugger is played here in Germany, just
grab the PDF file; if you like, you may also extract content from
the RTF.
14/05/12
Karl May und Indianer-Spiele in Lauf
Anläßlich des 100. Todestages von Karl May hat die Stadtbücherei Lauf mit ihren sehr engagierten Bibliothekarinnen Frau Hafer-Drescher und Frau Grabmeier eine Veranstaltungsreihe organisiert, an der teilzuhaben ich als Vortragender und Autor die Ehre hatte.
Es läßt sich gewiß vieles an Karl May kritisieren, die Vermittlung von Klischeebildern beispielsweise; andererseits lobt der kritische Schriftsteller Rafik Schami ausgerechnet Karl May mit den Worten, "Bei Allah, dieser Karl Ben May hat den Orient [...] mehr verstanden als ein Heer heutiger Journalisten, Orientalisten und ähnlicher Idiotisten"*.
Und tatsächlich ist Karl May so vieles zuzuerkennen: Daß er einer der prägenden Schriftsteller bis in unsere Zeit gewesen ist; daß seine blumige, überbordende Sprache auf ihre Art gewaltig und beeindruckend ist; daß er, woran selbst sogenannte "große" Schriftsteller unsere Zeit nur allzu oft vergeblich streben, in seinem Schaffen voll und ganz aufgegangen ist. Wie populär Karl May letztlich immernoch ist, wenn auch mehr auf eine transponierte Art und Weise, läßt sich vielleicht an der Popularität von "Der Schuh des Manitu" erahnen.
In meinem Abendvortrag bot Karl May einen vorzüglichen Aufhänger, um über das Indianerklischee in seiner ganzen Mannigfaltigkeit einzugehen, von dem nomenklatorischen Irrtum, sie hätten "Büffel" gejagt, bis hin zum Mythos des je nach Sichtweise besonders "edlen" oder "grausamen" Wilden und Naturfreund qua Existenz. Dazu gehörte dann auch ein Abriß der Entwicklungsgeschichte des Indianerfilms, von den Western der 50er Jahre bis hin zu eben dem "Schuh des Manitu" udn der aufwändigen Serie "Into the West". Ein kleiner Bericht findet sich auch auf den Seiten der Stadtbücherei.
Ein alter Irrtum an die Wand geworfen: Büffel und Bison im Vergleich.
Für Kinder bewährte sich am Nachmittag auch hier wieder die kombinierte Mitmach-Lesung zum Thema Indianerspiele. Wie viel Spannung und Spaß mit einfachsten Mitteln erlebt werden kann, ganz ohne Spielwarenladen und Plastikspielzeug, gerade, wenn es sich vielleicht noch um aus Holz und Leder selbst gebasteltes Spielzeug handelt -- das bewiesen sowohl diese Lesung, als auch die Pfeil-und-Zielscheiben-Workshops an mehreren Schulen. Ein einfaches Tuch erstetzt da ohne Weiteres den schwergewichtigen Computer.
Womit jagten die Indianer die riesigen Bisons? Ein moderner Sportpfeil und nachgebaute Reliken bei der Lesung zu "Indianer-Spiele".
Einige Spiele ⇒ gibt
es zum freien Download als PDF hier; das Buch "Indianer-Spiele" mit
rund 120 Spielen ⇒ findet
sich hier.
Über meine große thematische Bandbreite an Lesungen
und Vorträgen informieren ⇒ meine
Vortrags-Infomappe und die ⇒ Leseinformation.
*) Klaus Farin: Karl May. Ein Popstar aus Sachsen, Archiv der Jugendkulturen 2012, Ablichtung des Originalschreibens, S. 85
11/05/12
"Wir sind die Urheber"
"Wir sind die Urheber" ist die Webseite eines Aufrufs betitelt, den rund 1.500 Autorinnen und Autoren unterzeichnet haben.
Bis ich mich ausführlicher dazu zu äußern Gelegenheit habe*, stelle ich erst einmal fest:
Ich nicht.
Ich veröffentliche seit über 15 Jahren praktisch jährlich Romane und Sachbücher und verdiene damit mein Brot. Ich habe eine Autorenvereinigung ins Leben gerufen, auch um sukzessive unsere Position, die der Autoren, durch Austausch zu stärken.
Aber mit einem solchen Aufruf der Verallgemeinerung ("Geistiges
Eigentum") und Spitzen ("Die neuen Realitäten [...] des
Internets sind kein Grund, den profanen Diebstahl geistigen Eigentums zu
rechtfertigen") möchte ich wahrlich nicht in Verbindung gebracht
werden. Gerade ein literarisch und reflektiert Tätiger sollte sich doch
eines gewissen Anspruchs schuldig sein.
Nein, ich bin kein Anhänger
der Piraten. Nein, ich bin kein Anhänger von "Leistung für umsonst". Gerade
darum ist mir an einer differenzierten Betrachtung auch dieses
Sachverhalts gelegen, und der besagte Aufruf tut das Gegenteil.
Zumal: Wir, die Autoren, haben beileibe hinreichend andere Schauplätze, an denen wir für unsere (aber eben: unsere!) Rechte kämpfen sollten. Wieder Tantiemen vom Laden- statt Verlagsabgabepreis zum Beispiel. Gegen die Verflachung der Qualität und Vielfalt, ja der literarischen Freiheit dank schubladenartiger Programmpolitik auf reinen Gewinn gepolter Verlagskonglomerate und ignoranter Buchhandelsketten, zum Beispiel. Und und und. Da gibt es allerdings keine schönen und griffigen Schlagworte, dies sind komplexe und wenig populäre Problemlagen.
Aber dieses Pamphlet eines Literaturagenten? Macht uns eher lächerlich.
Da
hilft auch kein Kehlmann, kein Nadolny, kein Denis Scheck, kein Wallraff
und keine Hoppe (wie um alles in der Welt können sie nur?) als
Unterzeichner.
Mehr dazu findet sich im LawBlog
oder als Meinungsbeitrag SpOn.
Ein
guter Beitrag auch in Zapp:
*) Einen ausführlicheren Beitrag dazu habe ich nun auf Telepolis veröffentlichen können.
08/05/12
Jugger-Regelwerk, Fassung 3.0
Dieser Beitrag findet sich auch im Jugger-Blog.
Die
zweite Abstimmung über Änderungen am Jugger-Regelwerk ist am Wochenende
mit dem Ende der Beta-Phase abgeschlossen worden. Das fortan gültige Regelwerk
Fassung 3.0 findet sich wie immer unter Regeln bei jugger.org.
Diese
Regelabstimmung ist auch für mich eine besondere Sache gewesen: Sie ist
meine letzte "Amtshandlung" als Hüter und Bewahrer des Hauptregelwerks
der deutschen Jugger-Gemeinschaft. Grund genug, einen Blick zurück zu
werfen.
Item. Änderungen. Kommentar des Hüters
Insgesamt konnten sich überwiegend jene Dinge durchsetzen, die bereits seit einiger Zeit mehr oder weniger Usus sind, oder die Sachverhalte klären.
Segmentum I. Einige wichtige Änderungen (nicht vollständig)
Kettentreffer
Zwei Dinge ändern sich für Kettenspieler:
1.
Die Wicklung: Anstelle einen Knicks von 90°, was, weil im Spiel sehr
schwer zu erkennen, seit Langem Stein des Anstoßes ist, zählt nun neben
dem Balltreffernur noch die Wicklung der Kette als Treffer: Die Kette
muß so weit um eine Trefferzone herumschwingen, daß sie wieder zu sich
selbst zurückreicht: Also eine geschlosene Form bildet. Die Einschätzung
von "L"s und "U"s sind damit nicht mehr notwendig. M. E. eine das Spiel
eindeutiger machende Regelung.
2. Das Fangen der Kette mit einer
Pompfe. Sobald die Kette um eien Pompfe eine geschlossene Form gebildet
hat, gilt sie als "gefangen" und der Fänger ist auch dann nicht
abgeschlagen, wenn sie beim weiteren um-die-Pompfe-Schwingen den Fänger
trifft. Bislang konnte ein Spieler durch eine um seine Pomfpe
schwingende Kette bis zuletzt noch abgeschlagen werden.
Berliner Aufstehregel
Die in der Praxis wohl deutlichste
Änderung ist die Übernahme der "Berliner Aufstehregel". Mit hauchdünner
Mehrheit wurde sie gewählt. Ob es hier im weiteren Verlauf zur
Abwandlung des "Hand auf den Rücken" aus Sicherheitsgründen zu anderen
Formulierungen ("Oberkörper" oder dergleichen) kommen wird, wird sich
finden. Nach unserer vieljährigen Erfahrung hat diese Regel die
Diskussionen um das Aufstehen praktisch beendet. Zugleich kam es auch
nicht zu "Dauerdoppeln", wie sie in der Regeldiskussion befürchtet
worden sind. Angemerkt sei noch, daß nun das Aufstehen nach dem Pin mit
dem nächsten erklingenden Taktschlag eindeutig definiert wurde.
Schlagflächenpolsterung
Die Dicke der Schlagflächen
(nicht Blockflächen-) - Polsterung ist nun klar geregelt. Was bisher bei
Pompfenchecks wohl gang und gäbe war, ist damit festgeschrieben: Der
Kernstab darf bei moderatem Daumendruck nicht spürbar sein. Die
Unschärfe in der Formulierung ("moderat") gemahnt, wie ich finde sehr
sinnvoll, an den gesunden Menschenverstand. Kritikpunkt kann hier
allerdings sein, daß die Polsterung der Blockfläche nicht näher
beschrieben wird.
Sonstige Polsterung
Auch die Frage nach der Polsterung des
Griffendes ist gut gelöst worden. Dies verpflichtet auch keinesfalls zum
Anbringen eines klobigen Knaufes; ein Stück Evazote und sicherndes Leder
genügt, um das Kernstabende am Griff nicht mehr spürbar zu machen und
zugleich den Griff auch am Ende stabil genug zu gestalten. Es sei daran
erinnert, daß bereits in der alten Fassung Manschetten zur Begrenzung
der Griffläche bei Stab und Q-Tip vorgeschrieben waren, um die
Reichweite effektiv zu begrenzen.
Autorität der Schiedsrichter
Der Willen der Teams ist
durch eine weitere Formulierung gestärkt worden, die explizit besagt,
daß nicht im Regelwerk definierte zu regelnde Umstände als erstes
zwischen den Teams geklärt werden müssen. Es kam in der jüngeren
Vergangenheit öfters vor, daß Schiedsrichter übereifrig ins Spiel
eingegriffen haben und dadurch eher Unmut geschürt, denn den
Spielverlauf positiv befördert hatten. Nun ist ein weiterer Hinweis
enthalten, daß in erster Linie die Teams miteinander sprechen müssen.
Das ist, so denke ich, ohnehin der beste Weg, um Mißstimmungen
auszuräumen. Vom Mangel an wirklich sowohl kompetenten, als auch
weitsichtigen Schiedsrichtern ganz zu schweigen.
Segmentum II. Neue Fragen
Ein paar Punkte werden noch nachträglicher Klärung bedürfen. Hier zeigt sich aber zugleich, daß ein allzu exaktes festhalten an Regeln der Sache abträglich ist: Im Gegensatz zu Maschinen besitzen wir einen Verstand, und den sollten wir auch benutzen. Ein solcher Punkt ist die neue Detaillierung der Stechspitzen. Diese ausführliche Liste wurde en bloc eingereicht und bekam Zustimmung.
Spitzenpolsterung
Gut und richtig gemeint, aber für
Präzisionisten nicht umsetzbar ist eine Formulierung: Nämlich, daß der
Kernstab bei "jedem erdenklichen Druck" nicht durchstoßen darf. Ab einem
gewissen Druck wird der Kernstab durch jede Polsterung stoßen, und wenn
dafür ein Elefant um Hilfe gebeten werden muß. Ein Detail, das in der
Praxis nicht weiter relevant sein dürfte, jedoch die Präzisen gewiß
stören wird.
Item. Die Geschichte des Regelwerks und seiner Betreuer.
Segmentum I. Ursprünge
Während die Umsetzung von Jugger als spielbarer Sport laut eines
Zeitzeugen auf das Jahr 1992 (Berlin) und gemäß einer Reihe von
Teilnehmern auf das Jahr 1993/94 (Dilettanten/Hamburg-Heidelberg)
zurückgeht*, ist nach meiner Kenntnis die erste Schriftquelle mit dem
mehrseitigen Hamburger Regelwerk aus dem Jahre 1997 erhalten. Von 1998
ist eine zweiseitige Berliner Regelzusammenfassung überliefert.
Die
Jugger-Gemeinschaft begann etwa um die Jahrtausendwende herum stark zu
wachsen. Damit Wettkämpfe gegeneinander ausgetragen werden konnten, war
ein gemeinsames Regelwerk vonnöten – aber die unterschiedlichen
Entwicklungsströmungen konnten sich augenscheinlich nicht so recht auf
eine Fassung einigen. So bestanden mehrere "Hausregeln", beispielsweise
die Kettentreffer-Strafzeit von 8 bzw. 10 Steinen nach Berliner bzw.
Hamburger Spielart (die Berliner Strafzeit war die als offiziell im
Regelwerk allgemeingültig eingetragene).
Es scheint überwiegend
jene Fassung genutzt worden zu sein,die auf der seinerzeit bekanntesten
und ausführlichsten Internetseite über Jugger zu finden war, die auf
jugger.de. An diesem Regelwerk hatten laut Zeitzeugenaussage* auch die
verschiedenen Fraktionen mitgewirkt.
Segmentum II. Die pragmatische Überarbeitung
Nach dem Hochkochen der Spannungen zwischen den verschiedenen Fraktionen
und ellenlangen, teilweise sehr hitzig geführten Diskussionen im
damaligen gemeinsamen Diskussionsforum, das seinerzeit noch vom
Bayrischen Team Drachenblut betrieben wurde, startete um 2006/2007
mutmaßlich der Hamburger Spieler Askan die Initiative, eine
grundsätzliche Überarbeitung der jugger.de-Fassung des Regelwerks
vorzunehmen, um eine wirklich gemeinsame Basis zu erhalten. Askan kam
nach eigener Aussage auf die Idee mit den Optionen für Städte, die er in
das Regelwerk einarbeitete und auch dies und das umschrieb,
beispielsweise konsequent den Begriff "Jugg" durch "Schädel" zu
ersetzen. Dann stellte er das ganze online zur Diskussion. Seine Idee
war, dass sich das Regelwerk durch Optionen verändert, je nachdem
wieviele Städte welche Optionen auf ihren Turnieren nutzen. Ausführlich
wurden zudem einzelne Regeln diskutiert und zerlegt, interpretiert und
umformuliert. Jakob von damals noch Rigor Mortis Berlin, heute
Zonenkinder Jena übernahm die Einarbeitung dessen, was im Forum als
Konsens gefunden worden war.
Hier zeigte sich allerdings bereits die
Schwäche der Online-Diskussionsforen: Was genau Konsens war, was
mehrheitsfähig und was einfach nur oft genug geschrieben war, war
schwierig nachzuvollziehen. Aber immerhin gab es nun das erste
Jugger-Regelwerk, das wenigstens von den engagierteren Vertretern des
Sports durchdiskutiert worden war. Nicht perfekt, aber ein wichtiger
Schritt; auch hinsichtlich der Abkühlung historischer Konflikte, da
sowohl Berlin, als auch Hamburg/Heidelberg etc. daran mitgewirkt hatten.
Da
ich selber bereits im Drachenblut-Forum beide Seiten für die Recherchen
des ersten Jugger-Buchs gehört hatte, war ich bereits mit der
komplizierten Sachlage vertraut und erbot mich, eine erste
Rechtschreibkorrektur und Formatierung des Regelwerks vorzunehmen, worin
es orthographisch allerdings dermaßen wild zuging, daß es einige
Versionen brauchte, bis eine weitlichst fehlerfreie Fassung erzeugt war
(Korrektorat ist nicht zuletzt eine Frage des möglichen Zeitaufwands).
Dadurch rutschte ich unvermittelt in die Rolle des Hüters des Regelwerks
-- oder "Regelbewahrers" -- hinein, sicherlich auch deswegen, da ich
durch den Hamburg-Berlinischen Konflikt vergleichsweise unvorbelastet
war.
Segmentum III. Problem: Der Mangel an demokratischer Partizipation
Nun war dieser Zustand sicherlich besser als die Urfassungen. Aber er
war unbefriedigend, denn ich war rein durch mein Engagement in diese
Rolle gerutscht, ohne daß es eine demokratische Legitimation gegeben
hätte, ganz wie es bei der Überarbeitung des Regelwerks der Fall gewesen
war: Es handelte sich nur um eine Art stillschweigender Übereinkunft.
Das
Hauptproblem aber war, daß es gar keine auch nur annähernd demokratisch
strukturierte Instanz gab. Da war letztlich nur ein Diskussionsforum,
und wer sich mit Meinungsbildung bei diesem Medium auseinandergesetzt
hat, der weiß, daß es als Instrument zur wirklichen Konsensfindung einer
größeren Gemeinschaft schlicht versagt. Es werden die gehört, die am
meisten, am lautesten, am eindringlichsten, am gewieftesten, am
dramatischsten schreiben; hingegen werden ausgerechnet jene schnell
ignoriert, die zwar Sachverstand und Kompetenz besitzen, aber keine Zeit
oder kein Gespür für Online-Foren haben. Diskussionen beginnen sich im
Kreis zu drehen, Positionen verhärten sich, und die Maschine kommt zum
Stillstand.
Es war also nicht möglich, wirklich legitime Änderungen
am Regelwerk vorzunehmen. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich auf
das Ausmerzen von Widersprüchen und offensichtlichen Fehlern zu
beschränken und für die Transparenz der Sache eine Änderungstabelle zu
führen, in der jeder Änderungsvorgang verzeichnet ist.
Segmentum IV. Der Weg der Mitbestimmung: Die erste Abstimmung
2009 wurde das ganze mit dem Anwachsen der Gemeinschaft virulent. Die
Übergabe des Regelwerks in die Hände eines Ausschusses kam nicht in
Frage, da es keinen Ausschuß gab, der über die erforderliche Legitimität
und Anerkennung für diese tiefgreifende Aufgabe verfügt hätte. Wer die
Diskussionen um Liga-Gremium und Verband kennt, weiß, wie umstritten
Strukturbildungen in der Gemeinschaft immernoch sind.
Es mußte also
ein anderes Verfahren her. Schließlich brachte
Hahn von den Heidelberg Hobbiz im Oktober 2009 einen Vorschlag ein,
wie eine Abstimmung vonstatten gehen könnte. Dieser Vorschlag wurde im
neuen gemeinsamen Forum ausführlich diskutiert. Schließlich kam ein
Verfahren dabei heraus, das aufwändig, aber möglichst transparent und in
viele kleine Einzelschritte gegliedert war, und das alle aktiveren Teams
mit einbezog. Natürlich ist der Passus "aktivere Teams" bereits eine
Sollbruchstelle, jedoch wurde hier die Meßlatte mit 3 Turnieren so tief
gehängt, daß die meisten Aktiven tatsächlich auch dabei sein konnten. Es
war ein erster Versuch, und wie ich meine, ein ziemlich
vielversprechender: So wurde gemeinsam die Überarbeitung des Regelwerks
in Angriff genommen.
Zuerst wurden Vorschläge gesammelt, dann Mails
an alle qualifizierten Teams versendet, damit auch jene, die nicht im
Forum aktiv waren (uns ein besonderes Anliegen), erreicht würden; nach
einer Diskussionsfrist wurden die abstimmfertigen Vorschläge gesammelt
und Stimmzettel wurden erstellt, als einfacher Mailtext mit eckigen
Klammern bei den Optionen zum Ankreuzen. Wiederum nach einer Frist wurde
der Rücklauf ausgezählt, und zwar von Hahn und mir getrennt.
Eine
weitere Sicherheitsleine sollte das Verfahren selber legitimieren:
Würden weniger als 75% aller angeschriebenen und als aktiv bekannten
Teams einen Stimmzettel schicken, würde das Verfahren als nicht
funktionsfähig abgebrochen werden. Leider krankt die Juggergemeinschaft
daran, daß viele Teams recht träge sind und immer wieder erinnert werden
mußten. Es ist zwar leicht, nach Demokratie und Mitbestimmung zu rufen,
aber für einige ist es dann offenbar zu schwer, die damit verbundene
Pflicht zur Mitwirkung – in Gestalt einfacher rechtzeitiger Rücksendung
– einzuhalten. Ein konsumistisches Grundübel des Menschen, nehme ich an:
Die Bequemlichkeit.
Jedenfalls kamen schließlich genügend Stimmen
zusammen, damit die Wahl Gültigkeit erhielt. Die gewählten
Regeländerungen wurden eingearbeitet und neben allen Stimmzetteln auch
die Alpha-Fassung online gestellt, die in einem letzten Schritt von der
Gemeinschaft überprüft werden konnte. Als Nachteil erwies sich, daß
Formulierungen 1:1 in die Stimmzettel übernommen wurden, da nun bei
mehreren sehr ähnlich klingenden Formulierungen auch solche Punkte durch
Streuung der Stimmen nicht gewählt wurden, die an sich von einer
Mehrheit befürwortet wurden. Erst jetzt, nach der Kontrolldurchsicht,
ersetzte die Fassung 2 die vor der Wahl gültige, letzte Fassung des
Regelwerks.
Segmentum V. Die zweite Regelabstimmung
2011/12 wurde das Verfahren wiederholt, auch da sich niemand um die
Ausarbeitung eines besseren Verfahrens bemüht und das alte sich nach
unserer Meinung und auch mangels Kritik eben bewährt hatte. Zwei Dinge
waren anders: Wir behielten uns vor, Formulierungen aufzusplitten, damit
sich nicht zu viele ähnliche Optionen blockierten, was auch ohne Kritik
akzeptiert wurde; wo genügend Stimmen für eine Änderung hereinkamen,
jedoch zu wenige pro ähnlicher Änderungsformulierung, schlossen wir eine
Stichwahl an. Außerdem ich stellte mein Amt als Hüter des Regelwerks zur
Wahl. Leider fand sich kein Kandidat für meine Nachfolge, und so wird
Hahn das Regelwerk kommissarisch weiterbetreuen und hat bereits Zuspruch
von meiner Ansicht nach kompetenten Spielern, ihn dabei zu unterstützen.
Da
zum Ablauf der Abgabefrist noch ein Stimmzettel zum Erreichen der
erforderlichen 75% fehlte, beschlossen wir, den Termin um einige Tage zu
verlängern; ein Umstand, der uns von einer Person zwar vorgeworfen wurde
(wir würden Spielchen spielen), hinter dem wir aber mit gutem Gewissen
stehen können, da wir weder Stimmen manipuliert haben (und auch den
Abstimmungsstand zu dem Zeitpunkt noch nicht kannten) noch da Verfahren
übermäßig strapazierten; es wurde schlicht den trägeren Teams
ermöglicht, ihr Stimmrecht noch wahrzunehmen.
Die Alternative
wäre gewesen, trotz fast 75% Beteiligung das gesamte, höchst aufwändige
Verfahren, in das viele viel zeit investiert hatten, komplett
aufzulösen. Dies hielt (und halte) ich für nicht verhältnismäßig: So
viel Pragmatik muß sein; wir leben nun einmal in keiner idealen Welt.
Segmentum VI. Schlußwort
Mit der Veröffentlichung von Fassung 3.0 des Juggerregelwerks übergebe ich hiermit den Staffelstab an Hahn. Bleibt mir nur noch, ihm Erfolg und gute Vermittlung zu wünschen; und der Gemeinschaft, daß sie nicht der Versuchung erliegt, jede nur denkbare Regelfuchserei auszuschließen und sich damit durch endlose Paragraphen ihr eigenes Gefängnis aufzubauen. Jugger lebt von Fairness und Offenheit, und diese menschlichen Züge lasen sich nicht durch Gesetzestexte erzwingen. Sie müssen aus uns selber heraus wirken.
Es verabschiedet sich mit einem fröhlichen Huhu und Kiää
der Uhu
Schild des Teams Falco
jugger
Item. Download
Das aktuelle Regelwerk findet sich wie immer unter http://jugger.org, ebenso wie alle Fassungen seit 2007 und einige Urfassungen.
*) Siehe Wickenhäuser, Jugger. Der Endzeit-Sport, Archiv der Jugendkulturen 2010, S. 27 ff. und einzelne Interviews, sowie "Jugger-Historie"
**) Lt. digitaler Dokumente der HH/HE-Fraktion im Besitz des Verf.
03/05/12
6. Berliner Juggerpokal, Falken im Aufwind
Item. Der 6. Berliner Juggerpokal 2012
Segmentum 1. Das Turnier.
Das erste Turnier unserer
Saison war zugleich das wohl heißeste Wochenende des bisherigen
Frühjahrs. Zu dem Turnier, das einst als lokales Saisonauftraktturnier
gestartet worden war, erschienen 24 Teams, darunter auch aus Halle,
Cottbus, Greifswald, Rotenburg an der Fulda, Hannover und Hamburg. Als
Spielfeld diente der bewährte Jahn-Sportpark, wo vier Felder
eingerichtet werden konnten.
Die Teams wurden in vier Gruppen gelost, die je ein Feld während der gesamten Vorrunde für sich bespielten. Dazu gab es ein Kinderturnier für den Nachwuchs. Das Prinzip der festen Feldzuteilung machte sich positiv durch eine reibungslose Spielfolge bemerkbar; jede Gruppe organisierte ihre Spiele anhand eines Laufzettels selbst. Auch sonst war die Stimmung gut. Es gab viele starke Spiele.
Sicher lag das auch daran, daß dank der großartigen Organisation Die
Tafel Berge von Äpfeln, Orangen, Ananas, Tomaten, Gurken, Joghurts
und Puddings, Wurst, Schinken und Käse ihren Weg in das Verpflegungszelt
fanden. Es ist aber zugleich bedrückend, zu sehen, welche Unmengen
erstklassiger Lebensmittel weggeworfen worden wären, wären sie nicht der
Tafel -- und damit auch uns -- zur Verfügung gestellt worden. Wer den
Zynismus der Überflußgesellschaft begreifbar erleben möchte, möge sich
ansehen, was alles für den Weg in die Mülltonne vorgesehen ist.
Die
Ergebnisse finden
sich im JTR.
Segmentum 2. Kritik.
Daß ein de-facto-Kinderteam in einer Gruppe mitspielte, weil es zu alt für das Kinderturnier gewesen war, war ein verschmerzbarer Nachteil für die Erwachsenen; wenngleich das Wertungssystem ein "Punkte-Erjagen" bevorzugte und somit eine langsamere Spielweise gegen die Kleinen bestrafte. Um so ehrenwerter, wer dennoch auf ein reines Turbopunkten verzichtete. Zumal es sich ja für die Erwachsenen um einen sicheren Sieg handelte.
Unmut kam dadurch auf, daß sowohl GAG als auch Rigor Mortis mit zwei Teams antraten. Mangels Absprache entstand bei einigen Spielern der Eindruck, hier solle von den Teams "optimiert" werden. Der Stimmung konnte dies bei den meisten aber keinen Abbruch tun.
Doppel-Teams scheinen eine recht neue Entwicklung zu sein; inwieweit das
Phänomen auf die Torpedo-Teams aus Hamburg in der Vergangenheit zutraf,
sei dahingestellt (infos dazu können hier gern ergänzt werden*), GAG
praktizierte es jedenfalls auf den Freundschaftlichen Winterspielen. Der
Umstand führte nun auch zu
einer Diskussion im bundesweiten Forum.
*) Ergänzung zu
Torpedo Hamburg: Askan schrieb, die Torpedo-Teams traten mit
getrennten Spielerpools an, hier liegt also nur Namensähnlichkeit vor.
Item. Falco jugger
Der Sonntag brachte ein sehr erfreuliches Halbfinale: Zwar mußten die Falken mit Rigor II wieder gegen ein Berliner Team antreten, zudem eines, gegen dessen Schwestermannschaft sie bereits am Vortag das erste Spiel gehabt hatten; aber nach der ersten Halbzeit lag Falco mit 8:1 (exakte Erinnerung zu verifizieren) in Führung. Als zur zweiten Halbzeit, nachdem ihr anderes Spiel beendet war, zwei Topspieler des Schwesterteams Rigor hinzueilten, mußten die Falken zwar einige Punkte hinnehmen, gewannen aber dennoch souverän mit 12:8 (exakte Erinnerung zu verifizieren) gegen Rigor Mortis II.
Das Kleine Finale gegen die Leere Menge wurde ein atemberaubend spannendes Spiel. Der erste Punkt des 300-Steine-Spiels allein dauerte 40 Steine. Und weiter ging es mit einer Kopf-an-Kopf-Jagd, wie sie Falco sich im vergangenen Jahr mehrfach mit Skúll! geliefert hatte. Letztlich verpasste Falco um einen halben Stein (keine Sekunde also) den Ausgleich und verlor das Spiel haarscharf 9:10. In dem Zusammenhang nochmal unser ausdrücklicher Dank an Die Leere Menge für diesen spannenden, fairen und erfrischenden Wettkampf. Wir sehen uns wieder.
Falco jugger baumt damit zu Saisonstart in einem angenehmen 4. Platz von
24 teilnehmenden Teams auf und wetzt schonmal die Schnäbel für den
nächsten Wettkampf.