29/07/11
"Bloß weg hier!" - über eine Rettung im Berlin der 70er Jahre
Dieses Mal ist es an der Zeit für eine begeisterte Rezension –
obwohl es sich beim Autor nicht allein um einen guten Kollegen, sondern
um einen sehr guten Freund handelt und man daher meinen könnte, daß sich
so etwas nicht gehöre, da es so etwas albernes wie
Freundschafts-Buchwerbung sei.
Ist es nicht.
Das ist gar nicht
nötig.
Es geht um Frank Böhmerts neues Buch, "Bloß
weg hier", und das ist ein richtiges schönes Goldstück, erschienen
in dem kleinen feinen Qualitätsverlag Golkonda.
Er
schildert dort, ganz unaufgeregt, ganz alltäglich, aus der Sicht eines
etwas beleibteren, vielleicht gar feisten 11jährigen Zehlendorfer der
1970er Jahre, wie er einen streberhaft aussehenden Gleichaltrigen
"rettet", da der sich im Grunewald verlaufen hat. Wobei dieses
Nachhausebringen natürlich ganz und gar nicht so reibungslos vonstatten
geht, wie es zunächst klingt. Schon der Anlaß ist für den Jungen ein
dramatischer: Er selber befindet sich gerade auf der Flucht, auf der
Flucht als Dieb einer Dose Fischfutter. Und als er dem bebrillten Kerl
dabei hilft, heimzukommen, eröffnet sich ihm die unbekannte Welt von
Kreuzberg – dort hin ist der Zehlendorfer nämlich noch nie gekommen und
kennt es als Asozialenbezirk.
Neben der lockeren Sprache, die Erwachsene wie Jugendliche gleichermaßen
anspricht, der prächtigen Figurenzeichnung und einer durchaus unter die
Haut gehenden Tragik besticht die Geschichte aber auch durch die
Atmosphäre des Berlin der 70er Jahre, als in Kreuzberg noch von den
Spuren des Krieges gekennzeichnet war, viele Erwachsene noch offen
kinderfeindlich gewesen sind – Spielen im Hof verboten, Rasen betreten
verboten, verboten, verboten, verboten – und merkwürdige Fahrräder
"Bonanzarad" hießen. Die Bananensättel hatten. Wer weiß noch was das ist?
Und
wer "Bloß weg hier" lesen möchte, der kann sich das Buch holen – Frank
wird es danken – oder aber den ganzen Text in seinem Weblog
nachlesen. Er hat dieses Buch nämlich online dort veröffentlicht, und
zwar Abschnitt für Abschnitt, jeweils wenn einer fertig gewesen ist.
Alles
in allem also Berlin-Literatur von der angenehmen Sorte. Unbedingt
empfehlenswert.
28/07/11
Respekt, Norwegen!
Ein Landesvater, der nicht etwa Repression, totale Kontrolle und Gegengewalt fordert, sondern politisches Engagement, Besonnenheit, Freiheit und Toleranz; ein Täter, der sich nicht in den Medien ergehen darf, sondern erst einmal höchst presseunwirksam für Wochen isoliert wird -- daß es so etwas tatsächlich noch gibt, war bis zu Jens Stoltenbergs Reaktion (und seiner, man höre und staune, Geheimdienstchefin) in Deutschland wohl eher die Hoffnung weltfremder Idealisten.
Und siehe da: Norwegen macht vor, was man in Deutschland schon aus blankem politischen Kalkül kaum zu hoffen wagen darf. Vernunft anstelle gerade so gut pässlicher Schuldzuweisungen und rücksichtslose Instrumentalisierung für den Ruf nach dem Starken Staat, wie die altbekannten Hetzer ihn hierzulande sogleich durch die Medien tönen ließen. Politik kann also tatsächlich auch kompetent sein. Und siehe da, das Vorbild scheint sogar ein wenig, wenn auch etwas krude, Früchte zu tragen: Innenminister Friedrich erkennt in den Rechten eine ... irgendwie unschöne Sache. Natürlich schön eingereiht neben dem guten alten einfachen zweckdienlichen handlichen Feindbild der "Linksfaschisten" (frei nach dem Hobbyvererbungsbiologen Sarrazin).
Dieses Land hat den tiefen Respekt der demokratisch gesinnten Menschen verdient.
27/07/11
Dieser Beitrag darf ... nicht gezeigt werden
Wozu, darf man fragen, zahlt man GEZ-Gebühren, wenn beim Webstream unserer Öffentlich-Rechtlichen, und zwar wohlgemerkt bei den Tagestehem, ständig solche Pausenbilder (Abb.) minutenlang ins Gesicht springen? In diesem Fall nicht etwa Sport oder solche Sachen, sondern ein kompletter (!) Bericht über einen Täter (nein, nicht Norwegen, sondern zu einem "Ehrenmord")?
25/07/11
Schweigeminute
Angesichts der Tat ist es nicht gerade beruhigend, daß unsere Regierung Maßnahmen gegen Rechtsextremismus (deren Terror - und es ist nichts anderes als Terror - auch hierzulande im Übrigen den "islamistischen" weit überschattet, da genügt ein Blick in die Zahlen für vorsätzliche Körperverletzung und Totschlag über die letzten Jahre) mehr oder weniger mit staatsfeindlichen Umtrieben assoziiert, wenn sie eine "Gewissenskontrolle" von den gegen Rechts engagierten Institutionen abverlangt.
Vor der Schweigeminute wegen der Tat in Norwegen sei ein Hinweis gestattet:
"[Wir] bitten alle Mitarbeiter der Presse: Geben Sie dem Täter kein Forum, indem Sie seine Photos und politischen Ansichten oder gar direkte Aussagen abdrucken. [...] Trotz des kaum begreifbaren Ausmaßes seiner Gewaltanwendung wird er nur dann triumphieren, wenn er die weltweite Berichterstattung über seine Person und seine Ansichten vernimmt. Im schlimmsten Fall regt die Wirkung einer täterzentrierten Berichterstattung zudem Nachahmungstäter an, auf eine ähnliche Weise bekannt zu werden." - IGaK aktuell
Nicht daß ein solcher Expertenhinweis unsere Journaille in irgend einer Weise berühren würde. Verantwortung scheint da doch immer mehr zu einem Fremdwort geworden zu sein.
Nach der Schweigeminute: Die Politik hat nichts besseres zu tun,
als ihre Feindbilder einzunorden und eilig Äpfel mit Birnen zu
vergleichen:
"Friedrich fürchtet Gewaltspirale von Links wie
Rechts" - Quelle: Frankfurter
Rundschau
Daß die CSU wiederum rücksichtslos die Opfer für
ihre politisch-propagandistischen Worthülsen zur
Freiheitsbeschneidung mißbraucht, war vorhersehbar.
Es ist
abscheulich.
Aktualisierung: Zu dem rücksichtslosen Radikalen aus der Union steht ein Artikel im Law Blog, dem nichts hinzuzufügen ist: Der Überwachungs- und Ausgrenzungsstaat
Aber es geht immer noch ein paar Grad schlimmer: Im Vergleich zu den vollkommen hirnrissigen Äußerungen eines US-amerikanischen Talkshowmoderators, der die Opfer mit der Hitlerjugend vergleicht, ist das natürlich kalter Kaffee. Und natürlich wird in Deutschland auch die widerwärtige Hetze mit der so unsachlichen wie beliebigen, aber wundervoll diffamierenden Terminologie des "Gutmenschentums" (welch menschenverachtender Ausdruck in seiner polemischen Sinnhaftigkeit) bereichert. Man möchte sich erbrechen vor so viel ekelhaften Ausdünstungen, die hier in Zeitungen und Mikrophone entleert werden.
Ein hingegen durchaus lesenswerter Artikel läßt sch im NPD-Blog nachlesen: Es gibt keinen unpolitischen Terrorismus. Die Argumentation folgt der These: "Wenn die Morde der RAF mit linksradikaler Ideologie zu tun hatten, und wenn die Anschläge islamistischer Terroristen etwas mit dem Islam zu tun hatten – dann haben die Bombe von Oslo und das Massaker von Utøya selbstverständlich auch etwas mit der politischen Ideologie zu tun, die [der Attentäter] vertritt. "
Und Anonymous ruft dazu auf, das "Manifest" des Täters zu verballhornen und ihn damit zu entmythifizieren. Ein prächtige Initiative, wie ich finde.
24/07/11
Training der Berliner Jugger
Hier die Trainingszeiten der Berliner Jugger:
Dienstag, 17 Uhr THF 1*
Mittwoch, Volkspark Friedrichshain, Höhe
Danziger Str. (überw. Olfball)
Freitag, 17 Uhr THF, Eingang
Herrfurth- / Oderstr. (Training TSV Rudow)
Sonntag, 14 Uhr, THF 1*
*) THF 1: Trainingsort Dienstag und Sonntag ist
hier (leider iframe):
Und [ hier ] ein kleiner Videobeitrag im SpON über Jugger auf Tempelhof.
19/07/11
Jugger-Fachanthologie: Fast fertig!
Soeben ist die Satzfahne an die Beitragsautoren der Jugger-Anthologie rausgegangen. Wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht, wird das Buch also in zwei Wochen druckfertig sein. Dann hängt es nur noch von Verlag und dem Drucker ab ... und ich darf mich entspannt zurücklehnen.
Feine Sache.
Ruben Philipp Wickenhäuser (Hrsg.): Ran an die Pompfe! Pädagogische Chancen einer neuen Sportart, Ludwigsfelder Verlagshaus 2011, ISBN 978-3-933022-68-4
Das Inhaltsverzeichnis:
Grundlagen des Jugger-Sports. Ruben Wickenhäuser, S. 15
Jugendkulturen
heute. Klaus Farin,
Archiv der Jugendkulturen, S. 26
Bewegungsspuren. Jürgen
Schwier, Univ. Flensburg, S. 38
Kämpfen bildet! Oder bilde
ich mir das ein? Thomas
Leffler, Univ. Würzburg, S. 59
Operationalisierung.
Magnus van Lück, S. 87
Mini-Jugger in der Schule. Andreas
Günther, Univ. Halle, S. 104
Juggern in der JVA. Sandra
Schleißheimer, S. 136
Jugger und Ju-Jutsu. Andreas
Güttner, S. 153
Falcones44. Ruben Wickenhäuser, S. 155
Schule
und Jugger. Markus Böttcher, S. 161
Ressourcen im Internet,
S. 167
Literaturverzeichnis, S. 168
18/07/11
Der Taschendieb über Doktorarbeiten
Die Polizei findet bei einem Taschendieb mehrere Portemonnaies. Auf der Wache sagt er zu einem Kollegen: "Also ich finde das gut, daß die Politikerin ihren Doktortitel zurückhaben will. Da kann ich jetzt auch sagen: Hochwürden Richter, Ihr könnt mich doch nicht verurteilen, schließlich hat mein Opfer vom Diebstahl gar nichts gemerkt!"