30/05/14
Anerkennung: Juggergemeinschaft und Nationalismus/Entpolitisierung
Die Organisatoren der diesjährigen Deutschen Meisterschaft im Jugger schrieben auf die Anfrage, wie sie mit der Teilnahme eines möglicherweise in faschistischem Gedankengut verhafteten Teams aus Spanien umgehen würden*, mit der Verlautbarung:
"§1: Auf dem Turnier, sowie auf dem gesamten Veranstaltungsgelände, werden KEINERLEI politische Äußerungen in Wort, Schrift, Bild oder Symbolik geduldet. Missachtung wird mit sofortigem Ausschluss des betreffenden Spielers vom Turnier geahndet. Es wird des Weiteren ein Platzverweis erteilt."-- Quelle
Die Reaktion der Jugger-Gemeinschaft darauf ist bemerkenswert. Es werden
nicht einfach die Augen zugemacht, "die werden das schon richtig
machen/es wird schon nichts passieren", sondern es wird aktiv von allen
möglichen Seiten, aus den verschiedensten Teams, vom Urgeistin des
Jugger wie jungen Spielern, gegen das genefrelle Verbot jedweder Äußerung
heftig opponiert. Die Diskussion mündete schließlich in den Aufruf von
Moritz der {Leeren Menge}:
"Bei der alten Formulierung
zu bleiben ist falsch! Praktisch jeder, der sich im Forum dazu
geäußert hat, sieht das genauso. Ihr MÜSST das ändern!
Die
Angst vor schwammigen Formulierungen könnt ihr nicht vermeiden, indem
ihr von "gesundem Menschenverstand" redet. (Das klappt ja schon bei den
Jugger-Regeln oft nicht.)
Wenn ihr das nicht ändert, dann wird diese
DM ein Vorbild für weitere Turniere sein, so dass Jugger vollkommen
entpolitisiert werden könnte - unabhängig davon, wie eure persönliche
Lesart eurer Regeln ist.
[Dischi hat geschrieben: Es sollte dennoch
niemand dazu genötigt werden ihn [den Jugger-Against-Fascism-Aufnäher]
zu tragen.] Jetzt hätte ich gerne Captain Subtext." -- Quelle
Daraufhin solidarisieren sich zahlreiche Spieler mit einem kurzen, klaren "+1 für Motiz".
Es ist dabei klar, daß faschischte oder
faschistischen/nationalistischem Gedankengut nahestehende teams auf
Juggerturnieren rein gar nichts verloren haben dürfen. Das steht für die
Gemeinschaft ganz außer Frage, wenn man den Einträgen (und den
Gesprächen mit Spielern) folgt.
Aber das Kind mit dem Bade
auszuschütten, ist natürlich genau der falsche Weg. Die vielleicht
leichtfertig, vielleicht naiv, vielleicht trotz aller internen
Diskussion unbedacht gewählte Formulierung und die mangelnde
Bereitschaft, den betreffenden Passus zu ändern, führten also zu einer
Welle der (für das Internet ungewöhnlich disziplinierten) Kritik. Aber
dies ist mehr als einfach nur ein Aufbegehren: Es ist ein Hinweis
darauf, daß die Jugger-Gemeinschaft nicht nur gern auf Turnieren
gegeneinander spielt und danach am Grill miteinander feiert. Sondern daß
sie in menschlichen und demokratischen Werten fest verankert ist,
kritisch denken kann und ihre Grundwerte zu verteidigen bereit ist. Ein
politisches Bewußtsein, das man sich bei manchem Breitensport nur
wünschen möchte, und ein Umstand, der den globalen Veranstaltern von
internationalen sportlichen Großereignissen in menschenverachtenden
Staaten als erbärmliche kleine Knilche dastehen läßt.
Jugger, Euere Reaktion macht mich stolz. Weiter so!
Vergessen wir
niemals, daß unsere Vorfahren ihr Leben, ihre Familien, ihre Freiheit
geopfert haben, um unserer Freiheit den Weg zu ebnen. Freiheit kommt
nicht von selbst. Sie ist ein Wert, für den es zu kämpfen gilt. Und
dieser Kampf ist immer auch politisch. Keine Toleranz der Intoleranz.
Ergänzung: Eines noch: "Wegbleiben ist immer schlecht, hinfahren und extra politische Aussagen zur Schau stellen ist besser" ist hier keine Lösung, da die Veranstalter Ausnahmen zulassen und somit sowohl ihre Bestimmungen willkürlich aufweichen (und die Teilnehmer somit noch mehr von ihrer Gnade abhängig gemacht werden), als auch sie durch diese Aufweichung weiterhin aufrechterhalten wollen.
--
*) Dies war auch der Grund für die Erklärung im International Jugger
Blog und mein Design des Jugger against Fascism-Aufnähers.
**)
Kollege Böhmert schrieb, für die weniger informierten Leserinnen und
Leser doch zu erwähnen:
"Tercios Espagnol ist zwar historisch
diese Drittelformation hauptsächlich von Stangenkämpfern; nur wird die
(ehemalige Fremden-, heute) Spanische Legion umgangssprachlich ebenfalls
immer noch El Tercio genannt, nach dem alten Namen der Fremdenlegion
(tercio de Estranjeros).
Gut zu sehen ist das hier: http://en.wikipedia.org/wiki/Spanish_Legion
http://de.wikipedia.org/wiki/Legi%C3%B3n_Espa%C3%B1ola
Diese Jungs bewegen sich also nach wie vor hübsch am rechten Rand
entlang und machen das Spielchen mit den gerade noch nicht auffälligen
Begriffen und Symbolen." Desweiteren schlug er vor, daß sich
die angeblich Geläuterten von solcherlei Vergangenheit etwas deutlciher
distanzieren sollten. Beispielsweise mit "Tercio Rosado".
29/05/14
Notiz: Truecrypt ... aus?
Außgerechnet das projekt Truecrypt soll angeblich (!) beendet werden. Eine verwunderliche Meldung, die eher an eine anonyme Drohnenmorddrohung erinnert als an Menschenverstand: "Nichts hält ewig". Sicherlich eine Zeitungsente ... oder sie schießen sich damit den Weg frei für eine Alternative. Weshalb auch immer. Alles Spekulation.