Der Werwolf

| Bücher | Downloads | Vorträge | Jugger | Indianer | Vita | Uhu? | Weblog |




Die Seele des Wolfes

Ein Roman über Peter Stubbe, der 1589 als Werwolf hingerichtet worden ist

Die Seele des Wolfes. Der zweifelhafte Ruhm des Peter Stubbe, 412 S., Pb, Abb. (Flugschriften), Gmeiner Verlag, Meßkirch 2010, ISBN 9-783839-210383

"Sprachlich hervorragend. Empfohlen." - ekz Lektoratsdienst, IN 2010/14

"So ist der vorliegende Roman nicht nur eine ungemein spannende Lektüre, sondern auch ein bewegendes Plädoyer für praktische Vernunft und Menschlichkeit." - Nürnberger Nachrichten, 15.5.2010

"Der Autor liefert eine eigene Interpretation des Kriminalfalles, baut das moderne Psychogramm eines Serienmörders ein und füllt reichlich lokalhistorischen Hintergrund ein [...]. Das Buch [...] ist spannend und in einem gefälligen Stil geschrieben." - Kölner Stadt-Anzeiger, 6.4.2010

"Der Autor [kennt sich] bestens in dem Bereich der Kriminologie aus und verbindet die Geschichte über die geistlichen und politischen Auseinandersetzungen auf wunderbare Art und Weise mit brandaktuellen Erkenntnissen der kriminologischen Forschung über das Profil eines Serienmörders. Deshalb bin ich froh, dass ich [...] so auf diesen wirklich interessanten Fall deutscher Geschichte gestoßen bin. Von mir bekommt das Buch deshalb fünf Sterne." - buechertreff.de, 27.3.2010

Werwolf Peter Stubbe auf dem Rad

Und so sah seine Auserwählte ihn nicht einmal erstaunt, nur verhalten fragend an, als er eines Tages zu ihr auf den flachen Hügel hinaufkam, kurz nach dem Mittagsgeläut, wo nach seiner Beobachtung die wenigsten Menschen unterwegs waren. Unter einem Vorwand Suchen, Belauern, Anpirschen, Jagen, Töten auch noch andere Strategien und Taktiken angewandt, obwohl das Jagen gesellte er sich zu ihr. Er fragte, ob sie einen guten Freund gesehen habe, der hier vorbeigekommen sein müsste, nein, nicht dort auf der Straße, sondern hier oben, wahrscheinlich sei er sogar querfeldein gelaufen durch das hohe Gras. Er bewegte sich langsam auf die der Stadt abgewandten Seite des Hügels, wechseln sich die Wölfe an der Spitze ab, sodass sich das bisherige Leittier, und sie folgte ihm unbewusst. Genau so hatte er es geplant, er vergewisserte sich, dass niemand des Weges kam, und schlug ihr unvermutet ins Gesicht, aber sie war viel zu überrascht darüber, um zu schreien.
Doch als er ihr gegen die Brüste fuhr, da machte sie endlich den Mund auf, und er kostete jede Sekunde aus, Angriffspunkte sind die Beine, um die Sehnen zu zerreißen, die Kehle und brachte sie zum Verstummen mit den gleichen Daumen, die ihr gleich darauf wieder Atem zu schöpfen erlaubten, dazwischen hieb er auch gegen ihre Kehle und tat sonst noch, was er sich alles in den langen Zeiten der Sehnsucht ausgemalt hatte. Sah abwechselnd seine Mutter und die Sybille im Todeskampf, am empfindlichen Äser zu packen und durch Drehen und Zerren zu Boden, wand er sich in ungeahnten Wellen der Lust auf ihr. Und so kam es, durch das Glück, das dem einen zur Seite steht und dem anderen nicht, ganz unabhängig von Absicht und Taten, dass zum Zwei-Uhr-Leuten eine junge, durchaus schöne, jedoch in Ermangelung einer Kehle nicht mehr allzu ansehnliche und vor allem tote Frau mitten auf der Straße unweit der Tore der Stadt Bedburg aufgefunden wurde. Der Werwolf, so lief die Neuigkeit durch Stadt und Land, er hatte wieder zugeschlagen. Und er selbst hörte dies und war so ehrlich entsetzt, dass niemand in ihm jenen erahnt hätte, der für den grausamen Mord verantwortlich zeichnete. Während er einen Ring des Opfers in den Fingern drehte, genoss er im Stillen, wie seine Tat mit Furcht und Empörung immer wieder aufs Neue berichtet wurde. Ja, dachte er. Mutter, Sybille, seht her. Jeder kennt mich und doch keiner. Ich bin ein Werwolf.

Werwolf Peter Stubbe auf dem Rad

Der Roman

Die Seele des Wolfes nimmt sich den historischen Werwolfsfall zum Vorbild und interpretiert ihn. Da bislang keine überlieferten Gerichtsakten bekannt geworden sind, ist die Faktengrundlage in höchstem Maße unklar.
Zwar handelt es sich bei dem Buch um einen historischen Roman. Ein besonderes Augenmerk wird jedoch auf das Innere des Serienmörders, oder zeitgemäß benannt des Werwolfs, sowie auf nicht genreabhängige Aufgaben eines Romans gelegt. Daher ist eine minutiöse Darstellung der reformatorischen bzw. gegenreformatorischen Bewegung hier nicht vorgenommen worden. Zwar wird aus der Perspektive von Landsknechten eine Stadt angegriffen und die Schlacht geschlagen, zwar erreichen Botschaften über eroberte Städte und ziehende Heere die Menschen, aber geschildert wird dies aus der Sicht der Protagonisten, mit allen Gerüchten und Fehlinformationen einer Zeit, in der man auf das gesprochene Wort als Nachrichtenlieferanten angewiesen war.
Der Roman ist der erste aus meiner Feder, der nur für Erwachsene geschrieben worden und definitiv nichts für Kinder ist. Er ist teilweise sehr hart, auch weil der metaphorisch reale Werwolf in einem jeden berührt wird. Gelegentlich ist er mir selbst ein wenig ... unheimlich.
Leserinnen und Leser mögen mir vergeben, falls ich nicht auf Kritik reagieren sollte. Wenn gerade ein neuer Roman mit Hochdruck in Arbeit ist, muß ich mich zur konzentrierten Arbeit am Stoff in der Hinsicht ein wenig abschotten. Siehe auch die Anmerkungen zu Rezensionen.

Werwolf Peter Stubbe auf dem Rad

Der historische Werwolf

Peter Stubbe ist ein Name, der heutzutage eher Fachleuten und an Werwölfen und Hexenprozessen Interessierten geläufig ist. Ganz anders in der frühen Neuzeit: Ende des 16. Jahrhunderts verursachte dieser Fall, modern gesprochen, ein Rauschen im Blätterwald. Gleichsam als Vorläufer der Boulevardpresse zirkulierten eine ganze Reihe von Flugschriften durch Europa, in denen der aufsehenerregende Fall in an Comic-Strips erinnernden Bildfolgen und mehr oder weniger ausführlichen Texten geschildert wurde. Allein die überlieferten Flugschriften stammen nicht nur aus mehreren deutschen Städten, sondern auch aus den Niederlanden und England. Was bei Jack the Ripper der Telegraph, war bei Peter Stubbe die vor gerade hundert Jahren eingeführte Druckerpresse.
Daß ein Peter Stubbe tatsächlich 1589 hingerichtet worden ist, darf mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden: Neben Briefen des lokalen Fürsten ist auch ein Eintrag im Tagebuch eines Kölner Ratsherrn überliefert, der ungewöhnlich ausführlich über das Ereignis berichtet. Da der Ratsherrr ansonsten sachlich und sehr genau im Tagebuch schreibt, darf angenmommen werden, daß er auch hier ein reales Gescheen niedergelegt hat. Zudem äußert er Zweifel am Grund der Verurteilung, denn er scheint nicht recht an Zauberei glauben zu wollen:
"Aber das alles war sei, was man vom zaubern sagt, dreumt und nachswetzst, das kan ich nit all gleuben. [...] Wer weis, ob es versclach, bedroch, inbildung sei? Ich lais heimlich, verborgen dingen gode, dem nitzs verborgen, richten." -- Hermann Weinsberg, Lib. dec. 151'.

Was war geschehen? In einer Zeit, in der der Krieg zum Tagesgeschäft gehörte, in der katholische und protestantische Potentaten um Macht und Einfluß zerrten, dafür teilweise gewaltige Landsknechtsheere zusammenwürfelten und Dörfer und Städte verheerten, war ein Werwolf Inbegriff des alltäglichen Schreckens. Durch Merodebrüder und Wegelagerer verschwanden immer wieder geliebte wie nur flüchtig bekannte Menschen von den Weiden und Wegen. Vor einem Serienmörder, der unerkannt unter seinen Mitmenschen lebte und unvermutet seine arglosen Opfer aus dem Leben riß, konnte man sich nicht einmal in der eigenen Gemeinschaft sicher fühlen - dem einzigen Rückzugsort dieser bewegten Zeit. Er mußte mit dem Teufel im Bunde stehen. Er mußte ein Werwolf sein.
Der Überlieferung nach erschütterte eine Serie grausamer Morde über Jahre hinweg die Gegend von Köln und Bedburg. Es soll Hirten, Kinder und Erwachsene, aber auch Bürger der Stadt getroffen haben, ja der Werwolf wagte sich gar bin in die Mauern und mordete unverzagt mitten zwischen den Menschen.
Und dann wurde er gefaßt. Ein Wolfsgürtel soll bei ihm gefunden worden sein, und unter der Folter gestand er Missetaten, die die Vorstellungskraft seiner Richter noch überstiegen haben mögen. Praktischerweise wurde die Hinrichtung am Reformationstag durchgeführt, nachdem der katholische Landesherr sich vergeblich bemüht hatte, den Bauern den Protestantismus auszutreiben.
So fand Peter Stubbe sein Ende auf dem Rad. Zu seiner auf einer Stange ausgestellten Leiche wurde ein hölzerner Wolf gestellt zum Zeichen seines verderbten Bundes mit dem Teufel.

Werwolf Peter Stubbe auf dem Rad

Dank

Mehreren Unterstützern sei an dieser Stelle mein Dank ausgesprochen: Zuallererst meinem guten Freund und Kollegen, dem Kriminologen Dr. Frank J. Robertz, mit dem ich mich vor vielen Jahren auf Wolfsjagd begab und Stubbe fand; und der auch das Verständnis der Psyche von Serienmördern aus Sicht der Kriminologie erleichterte. Dann aber auch Peter Kremer, der in seiner unterhaltsamen Erzählungssammlung "Wo das Grauen lauert" eine gute sachlich-launische Schilderung des Falles Stubbe bietet. Und nicht zuletzt dem Gmeiner-Verlag, der mir keinen billigen "Die ... des ..."-Titel mit Fuß, Ohr oder der Nase aus einem spätneuzeitlichen Frauengemälde aufzuzwingen versuchte, sondern gemeinsam mit mir den Titel fand (er entspricht im Übrigen einem der ganz ursprünglichen Arbeitstitel).