25/03/10

Der Mittelalter-Rechner

Wer sich nicht mit Taschenrechner und Buch über historische Maße (wie bei Reclam erhältlich) hinsetzen möchte, um Maße aus der Vergangenheit zu berechnen, der kann sich jetzt schnell und einfach in Kollegen Alfs Mittelalter-Rechner-Projekt bedienen. Damit hat er sich mutig an eine der wohl komplexesten und schwierigsten Fragen der Geschichtswissenschaft gewagt.

Das Projekt könnte in der Hinsicht ein wenig irreführend sein, als es oft – aber nicht immer – schlicht keine einheitlichen Maße gegeben hat; eine Elle hier ist von anderer Länge als eine Elle dort, zu dieser anders als zu jener Zeit. Gerecht wird der Rechner diesem Umstand immerhin dadurch, daß es eine örtliche Differenzierung gibt, beispielsweise Augsburger und Erfurter Ellen. Da kann ja noch eine zeitliche hinzukommen.

Doch exakt wird sich die Vergangenheit auch bei feineren Rastern nie "vermessen" lassen; eher wird die Verführungskraft steigen, zu glauben, man wüsste jetzt genau was wann wo wie lang gewesen ist. Findet sich beispielsweise im Museum Haithabu die Angabe, ein Gramm Silber entspräche 10 Hühnern, so wäre es moderner Irrtum, dies als festen Preis der Wikingerzeit anzusehen. Es kann höchstens eine Faustregel sein, die je nach Handelskunst, Zeit, Ort und Genauigkeit der Waagen variiert. Von der Umrechnung von Währungen und Edelmetallen ganz zu schweigen.
Teilweise Ausnahmen sind natürlich jene Maße, die in Urkunden und Kodices niedergelegt sind oder in hochorganisierten Gemeinschaften verwendet wurden. Nein, in der Geschichtswissenschaft gibt es nur selten einfache Lösungen ...

Der Rechner ist aber auf jeden Fall eine gute Idee für einen Einblick und teilweise sehr hilfreich - und ohnehin außerordentlich lobenswert, da ehrenamtlich erstellt. Solange man es also nicht in guter deutscher Tradition als "Fakt" ansieht und als Ausrede für den Verzicht auf eigene Recherche nimmt, ist er eine Bereicherung. Man beherze Alfs Zusatz:

"Diese Site [sic] ist ein lebendes, wachsendes Projekt. Ziel ist es, sie langfristig auszubauen, zu verbessern und zu erweitern. Es werden bereits jetzt umfassende Möglichkeiten geboten, diverse Um- und Berechnungen durchzuführen, aber der Anspruch auf eine nicht mehr zu optimierende, wissenschaftlich fehlerfreie Universallösung kann und wird natürlich nicht erhoben."

Wer etwas daran auszusetzen hat, kann sich zudem konstruktiv einbringen, denn das Projekt soll ja noch wachsen: "Nicht meckern, sondern mailen!"

Hier ist er: Der Mittelalter-Rechner.

05/03/10

Qualität der Deutschen Universitäten

Nur eines von zahlreichen 404-Beispielen im Talar. So jemandem vertraut man auch gern den Umbau zu einem völlig neuen Studiersystem an.

Denk ich an Deutschland in der Nacht ...

14/12/09

Deutsche Wertschätzung für akademische Kompetenz

Aus einem Antragsformular für den Lehrauftrag an einer bekannten deutschen Universität:

Ich führe die Veranstaltung in jedem Fall nur mit Besoldung durch. O
Ich führe die Veranstaltung unbesoldet durch. O

11/12/09

Der gute Wille der Wissenschaftler schraubt am Deckel der Pandorabüchse

Wie Ernst in "Der gute Ritter" erging es um die vorletzte Jahrhundertwende vielen Wissenschaftlern: In der Überzeugung, eine bessere Welt zu schaffen und eine gesunde Menschheit zu befördern, in der Gerechtigkeit, Friede und Glück gestärkt werden, arbeiteten sie durch ihre Forschung an den Grundlagen für eine katastrophale Ideologie maßgeblich mit. Auch dank dieses Idealismus einer als objektiv mißverstandenen Wissenschaft verloren Millionen Menschen ihr Leben.

Ein wenig erinnert die Meldung in der Süddeutschen - "Die Signale des Bösen" - daran: Gehirnforscher würden nun "das Böse" in der Hirnaktivtät von Patienten zu orten versuchen.

Naturwissenschaft und Medizin gelten gemeinhin als besonders objektive Forschungsbereiche. Daß dies eben ein Irrtum sein kann, zeigt sich beispielsweise ausgerechnet bei einem Ulmer Hirnforscher, der sich in der Medien und Jugend-Debatte durch erstaunlich unwissenschaftlich abgefasste Bücher und haarsträubend willkürliche Zukunftsaussagen gegen das Fernsehen hervortat (und der Mann war unter anderem Gutachter bei Prozessen). Er selber lehnte nach eigener Aussage Fernsehen prinzipiell ab. Neutrale Forschung sieht anders aus.

Aber Voreingenommenheit soll den beiteiligten Wissenschaftlern des besagten Projekts nicht unterstellt werden. Das Problem ist hier, daß sie - wie im Falle des fiktiven Ernst eben - die Folgen ihrer Forschung weder mit Bestimmtheit absehen, noch werden kontrollieren können.

03/11/09

Der gute Ritter: Hör-Erzählung bei Jokers

Nach "Der schlechtberatene König" ist bei Jokers Historica eine neue Kurzgeschichte zum kostenlosen Download und Anhören von mir erschienen: "Der gute Ritter".

Hier geht es jedoch nicht um das bunte Mittelalter, sondern um eine der Wurzeln der Rassenideologie, die romantischen Strömungen der Jahrhundertwende nämlich. Das Hinterhältige am Thema ist, daß durchaus auch wohlmeinende und menschenfreundliche Personen zu Vorkämpfern und akademischen Fundamentgießern der Ideologie wurden. Menschen, die tatsächlich Gutes bewirken wollten oder in Romantik verfangen blind für die Folgen ihres Tuns gewesen sind. Rassenforschung war damals keine Pseudowissenschaft, wie es heute gern in unangebrachter Herablassung behauptet wird, sondern eine international anerkannte Wissenschaft. Im Übrigen eine, zu der die Mainzer Lehrstuhlinhaberin Ilse Schwidetzky noch bis Ende der 70er Jahre Rassenkunde-Untersuchungen und Fachbücher veröffentlichte, darunter "Rassen und Rassebildung beim Menschen" im renommierten Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1979. Es handelt sich also keinesfalls um ein vergangenes Thema.

Noch 2004 tat ein öffentlich-rechtlicher Sender so, als messe augenscheinlich eine Anthropologin der Universität Giessen mit Tasterzirkeln die Rassenanteile von Passanten (siehe auch dort ihre Antwort auf meine Nachfrage), und eine Lehramtsstudentin (!) verbreitete auf Literatur der 20er und 30er Jahre zurückzuführendes rassistisches Gedankengut auf den Servern der Uni Heidelberg. Und auch die aktuellen Schlagworte des "Gebärens von Kopftuchmädchen" erinnert an manche Statistik aus der Rassenhygiene; und ob es zu rassenhygienisch anmutenden Debatten im Rahmen der Finanzierung des Gesundheitssystems kommt wird sich zu erweisen haben. In denen ging es auch früher zunächst weniger um Menschenrassen als um die Unkosten durch Gebrechliche, bis dann auch die Rasse in jene Diskussionen einfloß.

Gibt es nun verschiedene Menschenrassen?
Nein. Gemäß biologischer Systematik ist der Mensch als Gattung Homo, Art sapiens und die eine Unterart (=Rasse) sapiens verortet.
Auch wenn nach streng biologischen Kriterien das Taxon der geographischen Rasse durchaus verschiedenartig ausfallen könnte, tut es dies doch nicht, schon da die genetischen Unterschiede (wie z. B. Hautfarbe) zwischen einzelnen Gruppen minimal sind, die Varianz innerhalb einer Gruppe hingegen sogar größer sein kann als zwischen den Gruppen.

Was leicht vergessen werden kann, ist der Umstand, daß eine Rasse durch einen Idealtypus definiert wird, der in der Realität aber nicht erreicht wird. Da biologische Rassen untereinander fortpflanzungsfähig sind, bleibt es der reinen Willkür überlassen, wo man die Grenze zwischen der einen und der anderen Rasse ziehen möchte, und ab wann man überhaupt eine neue Rasse benennt. Man sehe sich nur die Diskussion um verschiedene Greifvogelarten an (und das ist ein weit klareres Taxon als die Unterart, da eine Art theoretisch eine geschlossene Fortpflanzungsgemeinschaft bildet), wo die Untersuchenden selber nicht genau besagen können, ob zwei Arten wirklich zwei Arten sind oder eigentlich zu einer Art gehören. Oder gar die Frage um die Schneeule, die mit Nyctea eine eigene Gattung (noch eindeutiger als die Art) bildete und nun eher zur Gattung der Uhus, Bubo, gezählt wird.

einfach nur schön   juv. Uhu mit Atzung
juv. Schneeule, juv. sibirischer Uhu. Fotos: Sabrina/RW, Freie Falkner

Hinzu kommt, daß der Rassebegriff derart belastet ist und derart zu Klassifizierung und Stigmatisierung einlädt, daß der minimale, angesichts der globalen Wanderleidenschaft ohnehin kaum anwendbare und allzu verschwommene biologisch-systematische Vorteil gegenüber den alles überragenden und, wie die Geschichte erwiesen hat, extrem menschenfeindlichen Nachteilen in keinem Verhältnis steht. Daher ist eine Rasseeinteilung des Menschen absolut und rundweg abzulehnen.

Am Rande: Die Schautafel, die der Dozent über Rassenhygiene anführt, ist per se fiktiv, beruht aber auf einem Vorbild, das in der Zeitschrift "Volk und Rasse" 1933 veröffentlicht wurde. Als solches ist die Verwendung vergleichbarer Schautafeln schon lange vor dem Nationalsozialismus usus gewesen.

Entnommen aus: Zeitschrift "Volk und Rasse". In: Wickenhäuser, Rassenkunde und Nationalsozialismus. Die Rolle der Anthropologie bei der Popularisierung der NS-Ideologie (Magisterarbeit), Historisches Seminar der Universität Mainz 2000, S. 95

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11/04/08

Ganz großes Kino: Die Webseiten des FU-Sports.

Wenn die Staatsbibliothek einen mit ihrem Online-OPAC in den Wahnsinn treibt, hohe Preise als Benutzungsgebühr festlegt und nebenbei den Tagesausweis kippt, ist das schlimm genug. Aber das ist halt sowas wie eine Behörde, kann man ja verzeihen, daß die nicht einsehen, warum jemand mehr als 10 Bücher pro Seite angezeigt bekommen wollen könnte und daß sie Studenten allgemein für Krösus halten.

Aber die Freie Universität Berlin sollte doch auf dem nicht ganz kleinen Campus dieser nicht ganz unbedeutenden Universität irgendwo den einen oder anderen Informatiker haben, der zumindest Grundkenntnisse in Erstellung und Nutzungsgepflogenheiten von Internetseiten hat und Quelltext nicht für literarisches Mineralwasser hält oder mit Schreibmaschine schreibt.
Warum zum Geier ist dann dieser Sa ... sind diese Leute nicht dazu in der Lage, daß auf den Unisport-Seiten
a.) nicht bei jedem zweiten Klick "Dieser Bereich ist zur Zeit noch nicht online" gemeldet,
b.) bei Konto- und Benutzerdaten eventuell solche extrem modernen Errungenschaften wie Verschlüsselung (ja, einfach https) verwendet wird,
c.) und - habt Ihr eigentlich noch alle Tassen im ... - Passwörter nicht als Plaintext per Mail zugesendet werden?

Das ist Elite in Deutschland, und zwar ganz, ganz gewaltig exzellent! Herr, laß Gras wachsen, viel, viel viel Gras!

18/10/07

Weshalb deutsche Unis wenig Attraktivität als Arbeitsplätze besitzen ...

... weil sie Schlangentöpfe sind.

[x] Bestätigt. Und das qualifiziert selbstredend zur Eliteuniversität.

22/09/07

Frisch aus der Druckerpresse: "Der Riss in der Tafel. Amoklauf und schwere Gewalt in der Schule"

Das Buch "Der Riss in der Tafel. Amoklauf und schwere Gewalt in der Schule" vom Kriminologen Dr. Frank Robertz und mir ist in dieser Woche von Springer Medizin Verlag ausgeliefert worden. Das erste Kapitel steht als Leseprobe (PDF) online bereit! Desweiteren finden sich auf den Seiten von IGaK weitere Arbeitsblätter zum Download - dieses kostenlose Angebot wird sukzessive noch erweitert.

Zum Inhalt:
Erfurt, Columbine, Emsdetten - diese Orte sind zum Inbegriff für "School Shootings", also Amokläufe beziehungsweise schwere Gewalttaten durch Jugendliche an Schulen geworden. Was haben diese Gewalttaten gemeinsam? Wer sind die Täter? Welche Rolle spielen die Medien und das gesellschaftliche Umfeld? Wie entwickeln die Täter ihre tödlichen Phantasien? Frank J. Robertz und Ruben Wickenhäuser vom Berliner Institut für Gewaltprävention und angewandte Kriminologie (IGaK) tragen in diesem ersten anwendungsorientierten Fachbuch zum Thema die unterschiedlichen Aspekte anhand bekannter Fälle zusammen: Präventionsmöglichkeiten, Einschätzung von Bedrohungen, Krisenintervention, Umgang mit traumatisierten Schulgemeinschaften und auffälligen Jugendlichen, Hilfestellungen für Lehrer, Polizisten und Eltern. Zu einigen Kernthemen kommen weitere Experten zu Wort. Ziel ist stets die realistische Gefahreneinschätzung und -vorbeugung. Inklusive Arbeitsmaterialien für Schulpsychologen, Krisenteams und Lehrerkollegien mit Checklisten für die Vorbereitung des Ernstfalls.
Dies düfte das erste Fachbuch in deutscher Sprache zum Thema sein, das sich an ein breiteres Publikum richtet.

19/08/07

Terrorist werden leichtgemacht: Doktortitel, Bibliotheksbesuch und Forschung zu "Gentrification"

Die genauen Hintergründe der Verhaftung sind natürlich nicht bekannt; einem Jeden sei das nähere Befassen damit nahegelegt.

Es mutet jedoch merkwürdig an, wenn ein Universitätsbediensteter auf Grund seiner Forschung zur Yuppiesierung (fachterminologisch als "Gentrification" / "Gentrifizierung" bezeichnet), Zugang zu Unibibliotheken und Treffen mit einer MG-nahen Person, deren Gesprächsihalt aber angeblich auch dem BKA nicht bekannt ist, in Untersuchungshaft landet - wegen Terrorismusverdacht und Nähe zu einer Terroristischen Vereinigung. In einem eigenen Weblog wird über die Auswirkungen der Beschattungsmaßnahmen gegen ihn aus erster Hand berichtet.

Nun würde es zum Charakter deutscher Universitäten gut passen, die ihre Dozenten auch gern gratis arbeiten lassen und ihnen auch noch einen Tritt als Dank nachreichen,* wenn die HU ihren Wissenschaftler im Regen stehen ließe. Immerhin haben eine Reihe von Soziologen das Rückgrat bewiesen, einen offenen Brief zu verfassen, der hier nachzulesen ist (PDF).

Ein Auszug:

(...) Der Verdacht auf die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung wird nach Auskunft der Rechtsvertreter von Dr Andrej H. nämlich inhaltlich wie folgt begründet:
- der Bundesanwaltschaft liegen keine Erkenntnisse über den Inhalt der Treffen von Dr. Andrej H. mit dem mutmaßlichen Brandstifter vor. Diese schließt allein aus dem Umstand der beiden Treffen, dass sie allesamt Mitglieder der „militanten gruppe“ sein müssen;

- nach der Bundesanwaltschaft ist von einer Mitgliedschaft von Dr. Andrej H. in einer terroristischen Vereinigung auszugehen, weil er sich mit Themen beschäftigt, die sich auch in Schreiben der mg wieder finden; eine wissenschaftliche Abhandlung von Dr. Andrej H. von 1998 enthalte „Schlagwörter und Phrasen“, die in Texten der „militanten Gruppe“ gleichfalls verwendet werden (u.a. den in der Stadtforschung gebräuchlichen Begriff der ‚Gentrification’),

- einem beschuldigten promovierten Politologen stünden „als Mitarbeiter eines Forschungszentrums Bibliotheken zur Verfügung, die er unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung der militanten Gruppe erforderlichen Recherchen durchzuführen“,

- er und die weiteren wissenschaftlich Tätigen verfügten über die „intellektuellen und sachlichen Voraussetzungen, die für das Verfassen der vergleichsweise anspruchsvollen Texte der militanten Gruppe erforderlich sind“.

Solche Argumente lassen jede wissenschaftliche Tätigkeit als potentiell kriminell erscheinen. Die Begründungen der Bundesanwaltschaft stellen eine direkte Bedrohung für alle dar, die kritische Wissenschaft, Publizistik und Kunst betreiben und für diese mit ihrem Namen in der Öffentlichkeit einstehen.

Ein Einzelfall? Begründeter Verdacht, der aus vielleicht guten Gründen nicht veröffentlicht wird? Es bleibt zu hoffen. Dann wäre es den Ermittlungsbehören anzulasten, daß sie hier nicht die notwendige Transparenz schaffen, um das Vertrauen in den Rechtsstaat zu erhalten (auch wenn das Abwägen zwischen der Herausgabe von ermittlungsrelevanten Informationen und ihrer Zurückhaltung sicher oft einen Eiertanz darstellt). Schlimmer aber andernfalls: Dann haben wir, in Kombination mit der zunehmenden Überwachung, einen scheindemokratischen Polizeistaat direkt vor unserer Tür und kümmerten uns nicht einmal sonderlich darum.

Nachtrag:
Immerhin beweist der BGH Vernunft: Der Haftbefehl ist mittlerweile aufgehoben worden.

*) Man darf für einen Hungerlohn ein Semster dozieren (gern auch gratis) und dann noch Magistranden über ein weiteres Jahr betreuen. Und wenn man Bücher an eine Uni schickt, die sie zur Eignungsprüfung als Professor anfordert, darf man das Rückporto selber zahlen. So einem Kollegen und ausgewiesenen Wissenschaftler geschehen. DAS ist gelebte deutsche Bildungspolitik. Man möchte sagen: Helau!

Aktualisiert | Gewoelle, Wissenschaft/Uni | Permalink |

11/12/06

"Killerspiele": Ein Hirnforscher auf eigener Mission wagt sich auf dünnes Eis

Der Herr im reiferen Alter hat sicherlich als Hirnforscher seine Qualitäten, das sei unbestritten. Nun äußert er sich zu "Killerspielen". Kennt man sein Buch "Vorsicht Bildschirm", dann gewinnt man möglicherweise den Eindruck, daß es hier eher um eine Art persönlichen Kreuzzug des öffentlichkeitsbewußten Wissenschaftlers als eben um Objektivität bemühte wissenschaftliche Erkenntnis geht - und mag darin durch dessen Aussagen in einer Zeitung bestätigt sehen:

"Wenn wir die Entwicklung so weiterlaufen lassen wie bisher, dann verursachen Bildschirme im Jahr 2020 hier- zulande jährlich einige hundert Morde, einige tausend Vergewaltigungen und zehntausende von Gewaltdelikten gegen Personen." Ist die Vorbildwirkung von Gewaltszenen im Fernsehen schon schlimm genug, wird bei Computerspielen, so Spitzer, "die Gewalt noch aktiver eingeübt als beim passiven Fernsehkonsum". - Weiterlesen

Solche Aussagen auf der derzeitigen dünnen Studiengrundlage zu treffen, klingt, mit Verlaub, nach Kaffeesatzleserei. Damit nützt man einer sachlichen Diskussion wenig und droht eher dem Ansehen der Wissenschaft zu schaden.

Wenn sich das für die dringend erforderliche Sachlichkeit in der Diskussion um negative Auswirkungen von Gewaltdarstellungen in Computerspielen mal nicht als Bärendienst erweist.

Nachtrag:
Besagter Hirnforscher erschien nun als Gutachter vor Gericht in Sachen Ermordung eines Obdachlosen durch einen 19-Jährigen, der zuvor ein brutales Computerspiel gespielt hatte. Und mit der unvergleichlichen Objektivität wissenschaftlichen Scharfsinns (dieses Phänomen hat allerdings eine lange Tradition in der Wissenschaftsgeschichte) stellt er fest:

"Angesichts des völligen Fehlens eines Motivs kann man die Tat gar nicht anders verstehen als ein Resultat des Videospiels“ - weiterlesen

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29/06/06

Augen-Abbildungen lassen Kaffeekasse klingeln

... könnte man sagen. Denn daß allein schon die Kopie menschlicher Augen an entsprechenden Orten - wie der universitären Kaffeeküche - offensichtlich an das Gewissen der Menschen appeliert, wurde nun im Experiment nachgewiesen: Wesentlich mehr Kaffeefreunde zahlten ihren Obolus, wenn über den Kaffeeküchenregeln ein Augenpaar abgebildet war.

(Abbildung bei Boingboing)

15/05/06

Am 15. 5., 5 Tage vor dem 500. Todestag von Kolumbus ...

metaluhu metaluhu    Tanzender Uhu    Tanzender Uhu    metaluhumetaluhu  

26/04/06

25/03/06

"Volk und Rasse", kompl. 1926-1933, teilw. 1934, zu verkaufen

Für die wissenschaftliche Bearbeitung im Anschluß an meine Magisterarbeit hatte ich die kompletten Jahrgänge 1-8 sowie Jhrg. 9 bis einschließlich Heft 8 der Zeitschrift "Volk und Rasse" erworben.
Da ich mich mittlerweile mit anderen Themen befasse, würde ich die Zeitschrift nun für wissenschaftliche Zwecke verkaufen. Interessenten können mich bitte unter mruhu (at) gmx.de erreichen

Details:
Volk und Rasse. Illustrierte Vierteljahresschrift für deutsches Volkstum, Schriftleitung: Walter Scheidt bzw. Otto Reche bzw. Bruno K. Schulz, 1.-9. Jahrgang, München (J.F.Lehmanns Verlag), 1926-1934
Jrg. 1-8 vollst., Jahrg. 9 bis Heft 8/1934, Hefte komplett ohne Textverlust; zahlr. Abb.; erster Jahrgang mit der Beilage "Volk im Wort"; Originalbroschur; etwas vergilbt; überwiegend gut erhalten, bei einigen Exemplaren Rücken / Bindung bzw. Titel beschädigt (Eselsohren, Stockfl.), bei 2 Exempl. Titel lose, aber Text vollst.

Ein Photo der Hefte kann gern auf Anfrage zugesandt werden.

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17/01/06

Kafkaeskes aus der Staatsbibliothek Berlin

... ist ja nicht weiter erstaunlich, bedenkt man den Zustand des OPAC dieser Einrichtung in der Vergangenheit (siehe No Server Running und Keine Online-Bestellungen am Wochenende). Aber es weckt dann doch immer wieder Verwunderung, wie die StaBi, die ihre Gebühren (für den tollen Service?) mittlerweile auf 20 (oder waren es 25?) Euro hochgeschraubt hat, es immer wieder schafft:

"Die Ausleihe von körperlichen Medienwerken (meist Büchern) außer Haus ist ab Februar nur noch am Standort Potsdamer Straße möglich. (...) Es gilt, die Regale des Neubaus soweit wie möglich von historischer Literatur zu säubern. Orientierungsmarke ist dabei der "Zeitschnitt" 1945, im Falle von Personen das Todesjahr. Das gewünschte Ergebnis nennt die Bibliotheksleitung neckisch "Benutzerführung": Zum Thema Franz Kafka soll nach Möglichkeit Unter den Linden gearbeitet werden, über Max Brod in der Potsdamer Straße." - Quelle: Berliner Zeitung

Junge, wie sehr habe ich die John F. Kennedy-Bibliothek lieben gelernt! Ja, da sind die Leute nett , da kann man einen großen Freihandbestand zu Fuß durchstöbern! So richtig an den Regalen entlang!, da kostet die Mahnung kein verdammtes Vermögen und der Ausweis ist auch kostenlos - nicht zu vergessen die großartige, gemütliche, nette und günstige kleine Studentencafete - ja, ich bin definitiv glücklich mit dieser - für den englischsprachigen Bereich - wunderbaren Alternative zum Moloch "Staatsbibliothek", der offenbar das Mehdorn-Syndrom (Wir? Bahnfahren? Wir machen jetzt internationale Logistik!) hat: Wir? Bücher? Wir machen jetzt Buchmuseum!

Möge der Gemeine Buchwurm euch befallen ...

08/01/06

Temple of the Holy Backup Files

The Temple.

... believe me. It is.

15/11/05

Flieg junger Uuuhu!

Keine Angst, ich meine nicht dieses *ähem* wunderbare *räusper* Liedgut.

Sondern vielmehr die Reisen des jungen Uhus Bollicino und einiger anderer Kollegen.
Der besenderte Uhu scheint nette Ecken zu schätzen - er hat nach einem kleinen Ausflug nach Locarno am 6. 11. schon drei Mal den Lago Maggiore überflogen. Seit dem 11.11. besichtigt er die Gegend westlich von Ascona und dürfte mit etwas Glück den örtlichen kulinarischen Genüssen in Form von schmackhaftem Kleingetier oder unvorsichtiger Falken zugesprochen haben. Und die Reise geht weiter ...
Seine Kollegen Theia und Adonis weilen in Sarre bzw. in Weissenbach (Belgien).

Das Itinerar von Bollicio & Co. kann man sich, stets aktuell, über den kleinen Newsletterdienst des Musée d'histoire naturelle im Schweizer Fribourg zukommen lassen.


Photo © Musée d'histoire naturelle

29/07/05

Prof. Roth: Präventives Gefängnis für mögliche (!) Gewalttäter?

"Warum ist das schrecklich. (...) Wenn nun, ganz hypothetisch, die diagnostischen Möglichkeiten - durch Gehirnforschung oder durch die Neuropsychologie - so gestärkt werden, daß man sagen kann, wer das und das im Gehirn hat, diesen Tumor, diese Verletzung, dann ist er mit hoher Wahrscheinlichkeit gewalttätig und gefährlich. Warum soll man den dann nicht wegschließen, so wie man einen Mensch mit hochansteckender Krankheit wegschließt." -- Prof. Gerhard Roth, Neurowissenschaftler in Bremen, in der Sendung: Der Sitz des Bösen (27.7.05, 23:00, ARD).

Der Professor fordert hier das präventive Gefangenhalten von Menschen, die nach den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung Gewalttäter werden könnten - vorausgesetzt, die Wissenschaft könne dies sicher bestimmen.

Aber was heißt "(wissenschaftlich) sicher bestimmen"? In der Weimarer Republik besaßen sich mit ähnlichen Themen befassende Anthropologen, Psychater und Psychologen nicht etwa nur in Deutschland, sondern international Renommee, ihre Theorien und Forschungen am Menschen wurden international mit durchaus großem Interesse und durchaus nicht ablehnend wahrgenommen.

Sagen wir, ein solcher seinerzeit höchst anerkannter Forscher, Prof. Otto Reche, Steigbügelhalter der NS-Rassenideologie (und in den 50er Jahren Ehrenmitglied der DFG), oder ein Prof. von Eickstedt, Rassenkundler, sie beide hätten Herrn Roth sicherlich aus ganzer Seele zugestimmt. Denn aus ihrer damaligen Sicht waren sie durchaus nahe an der Erringung einer "sicheren Bestimmung" "asozialer" Personen, von Trunksüchtigen, künftigen Vergewaltigern, anderen potentiellen Kriminellen und allgemein "Minderwertigen". Sie betrieben keine Pseudowissenschaften, wie es heute zu recht gesagt wird, sondern in der Meinung ihrer Zeit vollwertige und aktuelle Forschung - die nicht weniger die Wahrheit für sich in Anspruch nahm als die heutige Wissenschaft.
Heute ist deutlich geworden, wie ungültig diese angeblich bald sicheren Erkenntnisse sind, und der Wahrheitsanspruch der damaligen Forschung ist verflogen.

Es wäre außerordentlich hilfreich, wenn Professoren heutzutage das, was sie in der Öffentlichkeit sagen, auf seinen Sinn im Gesamtzusammenhang überprüfen würden - und darauf, ob ihre Ansichten und Theorien mit den Prinzipien der Menschlichkeit und der Vernunft vereinbar sind. Sonst drohen sie zu nichts anderem zu werden als jene, die das NS-Regime aus einer aus ihrer Sicht wissenschaftlich valider Warte legitimierten und begrüßten.

Einen Staat jedenfalls, der die Unschuldsvermutung kippt, Bürger auf ihre "Gewalttätigkeitsdisposition" hin untersucht und dann bei positivem Befund aussortiert und einsperrt - den hatten wir schon. Die darüber entscheidenden Wissenschaften hießen Rassenhygiene und Eugenik.


(Zu Eugenik und Rassenkunde siehe auch Weingart et al., Rasse, Blut und Gene, Frankfurt a. M. 1988; zu Wissenschaft und NS. siehe auch Heidrun Kaupen-Haas, Wissenschaftlicher Rassismus, Frankfurt a. M. 1999; zum Beitrag der Rassenkunde zum NS. siehe auch Ulrich Kattmann, Horst Seidler, Rassenkunde und Rassenhygiene. Ein Weg in den Nationalsozialismus, Velber 1989; zu Otto Reche siehe Katia Geisenhainer, Rasse ist Schicksal, Leipzig 2002)

13/07/05

Das Kriminologen-Weblog

Frank Robertz , mein verehrter Kollege und promovierter Kriminologe, hat nun mit blogology ein eigenes Weblog eröffnet.

Das dürfte interessant werden - immerhin ist er nicht nur Fachmann für Serienmord und dergleichen, sondern auch höchst aktiver Wissenschaftler. Und man kann nachlesen, wie man nach einem Studium, für das man sich in Zukunft bis über beide Ohren zu verschulden haben wird, mit Engagement und Kompetenz prima 1-Euro-Jobs an Land ziehen kann.

Was in unserem Lande mit Wissenschaftlern angestellt wird, beschreibt er schon im zweiten Eintrag seines nagelneuen Weblogs: Neben der Praxis von Ein-Euro-Jobs für die Wissenschaft beschreibt er, wie die Evangelische Fachhochschule Berlin nach der Ausschreibung einer Professur Rückporto für die von ihr zuvor angeforderten Fachbücher verlangt ...

Man darf gespannt sein, welche Eskapaden des deutschen Bildungssystems hier noch zu beobachten sein werden. Frohes "bloggen"!

26/05/05

Weblog zum Thema unterschwelliger Rassismus im Alltag

Das Weblog Riemer-O-Rama sammelt allerlei Unglaubliches, Kurioses und Banales, das mehr oder weniger unterschwellig rassistische Vorurteile wiederbelebt, entschuldigt oder erneuert. Beispielsweise kommentiert er aktuell eine Veranstaltung in diesem Jahr, bei der im Augsburger Zoo eine African Village mit "echtem" Personal veranstaltet werden soll. Der Autor stellt sie in den Kontext mit den Völkerschauen der Vorkriegszeit.

Mögen manche von Riemers Fundstücken auch als vom Autor überempfindlich wahrgenommen erscheinen - genügend andere offenbaren große Ignoranz zum Thema Rassismus. Und Diskussionstoff kann man in dieser Sache kaum genug bekommen.

(Zur Unsensibilität über das Thema Rassismus siehe auch " Passanten zu Probanden", eine aktuelle "Rassenkundeuntersuchung" im Bilderbuch Deutschland 10/04; oder die lange Zeit online stehende Arbeit einer Pädagogikstudentin (!) der Uni Heidelberg, die Rassenkunde als Fakt beschrieben hatte.)

16/05/05

Schmierfink?

Wie treibt man einen Geisteswissenschaftler die Wände hoch? Man leiht ihm ein Buch aus, dessen Seiten so aussehen: Bald mehr Bleistift-"Notizen" als Druckschrift. (Der Wasserschaden könnte dagegen ja mal passieren ...)
Schmierfing on duty
Dabei handelt es sich nicht etwa um Lektüre für widerwillige Schüler, sondern um ein Fachbuch, diesmal aus der Amerika-Gedenkbibliothek. Wer auch immer meint, er müsse seine Notizen in ein geliehenes Fachbuch kritzeln, sollte zu einem Jahr Radieren ohne Pausen verpflichtet werden. Danke, du leider Gottes unbekannte, jedenfalls aber asoziale Person.
PS. Und ja, ich weiß, das Problem gibt es vermutlich, seit Bücher existieren. Aber es ist eben immer wieder aufs Neue ein Ärgernis ...

03/05/05

Mouseposé: Mauszeiger in Vortrags-Präsentationen hervorheben

Haben Sie bei einem Vortrag auch schon verzweifelt den Mauszeiger gesucht, mit dem Sie auf ein Detail hinweisen wollten, und mussten erstmal mit der Maus hin- und herrütteln?

Mouseposé Mit Mouseposé läßt sich nun durch einfachen Tastendruck der Mauszeiger mit einem "Lichtschein" umgeben, wodurch er deutlich hervorgehoben wird. Das kleine Programm steht zum kostenlosen Download zur Verfügung und kann manche Präsentation erleichtern. Es steht für OS X zur Verfügung.

(Hinweis: Schockwellenreiter)

26/04/05

Unkontrollierte Fantasien

Ein Interview mit Dr. Frank Robertz über School Shootings anläßlich des Jahrestages der Tat von Erfurt findet sich in der Thüringer Allgemeinen - ein Thema, das weiterhin akuell ist, wie der erst kürzlich stattgefundene Vorfall im Red Lake-Reservat deutlich gemacht hat.

31/03/05

Die Mohrrübe und der Esel

Vor einer Weile stand in der ZEIT wieder einmal so eine Stellenausschreibung: "Suchen Volontär/in mit Promotion auf mindestens ...". Klar, so ein un-oder unterbezahltes Praktikum verspricht einem ja einen prima Einstieg ins Berufsleben, und die Türen zum Job springen förmlich auf vor Begeisterung. Außerdem ist der Himmel grün, der Papst Islamist und teure Bildung so wahnsinnig viel wert.

Die ZEIT hat dem Thema nun einen Artikel gewidmet.
Für meinen Teil bin ich Magister, promoviere und werde ganz bestimmt kein Praktikum und kein Volontariat, oder wie diese erbärmliche Esellockmohrrübenrute auch immer genannt wird, mehr machen. Das gehörte zur Studentenzeit.

03/01/05

StaBiKat die Dritte


Ich kann bei Gott keinem vernünftig denkenden Menschen empfehlen, hier so etwas wie wissenschaftliches Arbeiten anzustrengen. Lebensgefährlich, denn: Hoher Blutdruck schadet der Gesundheit wie dilettantische Bestellfunktionen der Recherche.

Zur Krönung verlangt dieser Laden sang- und klanglos 2 Euro Säumnisgebühr pro Buch nach drei Tagen Verzug. Nicht daß es die Technik für automatische E-Mail-Mahnungen gäbe.

Vielleicht werden wir ja doch noch durch eine vergessene Weltkriegsbombe von diesem Affentheater erlöst.

Siehe auch:
"A propos Eliteunis: Die OPAC-Katastrophe Berlins"
"StaBiKat die Zweite"

03/12/04

Eintrag im IDGR

Mein Artikel fürs IDGR zu "Volk und Rasse. Illustrierte Vierteljahresschrift für deutsches Volkstum" ist fertig und steht online.

08/11/04

Redakteure und "Rassenkunde"

Wie sich nach dem ausführlichen Briefwechsel mit Frau Dr. Kreutz und Herrn Prof. Kunter ergeben hat (siehe Blog-Beitrag "Passanten zu Probenaden"), ist der Eindruck der "rassenkundlichen Untersuchung" auf römische Wurzeln im Rahmen einer Sendung "Bilderbuch Deutschland" offenbar auf die Bildersucht der Presse zurückzuführen.
Frau Dr. Kreutz schreibt, sie habe die Redakteure nicht nur auf die Problematik ausdrücklich aufmerksam gemacht, sondern in den zwei Drehstunden auch Hintergründe zum Thema geliefert. Die Redakteure schnitten ihren Beitrag aber auf die sensationellste, und damit gefährliche, etwa zweiminütige Passage des Messens am Gesicht von Probanden zusammen.

Schön, daß diese Redaktion unserer öffentlichen Rundfunkanstalten offensichtlich mit deratig politisch kompetenten und sensiblen Personen besetzt sind. Frau Dr. Kreutz könnte man hier vielleicht eine gewisse Arglosigkeit im Umgang mit der Presse nachsagen - nicht aber vorwerfen, sie habe explizit eine "Rassenuntersuchung" demonstrieren und damit das Bild der modernen anthropologischen Wissenschaft beschädigen wollen. Diese Darstellung verdanken wir demnach der Redaktion.

01/11/04

Passanten zu Probanden

(Ehemals: "Praktische "Rassenkunde" in der ARD?") Im "Bilderbuch Deutschland" vom 31.10.2004 in der ARD zum Thema "Grenze Roms zu den Barbaren - Der Limes zwischen Lahn und Main " erlaubte sich die Anthropologin der Universität Giessen, Dr. Kerstin Kreutz, mittels dem Messen von Köpfen einiger Passanten auf deren römisches Erbe zurückzuschließen.

Abb. aus v. Eickstedts Nachdem sie einen Probanden mit Tasterzirkel und Schieblehre gemessen hatte, erklärte sie ihm, "hier haben wir als Beispiel einmal einen mediterraniden Typus" und weist auf die Bildseite eines Buches. Das Buch ist eines der umstrittenen anthropologischen Standartwerke und zeigt auf der aufgeschlagenen Seite die klassischen "Rassebilder", wie sie in Weimarer Republik und NS-Zeit schon von Eickstedt und dem die NS-Ideologie nach Kräften fördernden HFK Günther gedruckt worden sind (darunter das links abgebildete, das sich auch findet in Eickstedts Buch "Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit", 1934, S. 115).
Der Kommentator rundet den Beitrag ab: "Mit mathematischer Zuverlässigkeit kann sie die Vorfahren bestimmen - oder zumindest ausschließen"

Was nur hat sich die promovierte Anthropologin bei diesem Auftritt gedacht? Die Diskussion um die Arbeit der Anthropologie sollte in Deutschland wenigstens dazu geführt haben, daß sich eine Anthropologin der Wirkung dessen bewußt ist, was sie im Nachmittagsfernsehen der ARD demonstriert. Es ist definitiv ungeschickt, nicht auf derlei nicht nur überkommene, sondern auch durchaus ideologisch gefährliche Vorführungen zu verzichten.

Nachtrag:
Prof. Dr. Manfred Kunter der Universität Gießen hat in meinem Sinne zum genannten Vorgang per E-Mail Stellung genommen. In diesem Zusammenhang sei zur Vermeidung von Mißverständnissen darauf hingewiesen, daß die Anthropologie als moderne Wissenschaft die Zeiten der Rassenkunde hinter sich gelassen hat. Um so problematischer sind die von Frau Dr. Kreutz geweckten Assoziationen. 2/11/04, 11:10
2. Nachtrag:
Frau Dr. Kreutz hat sich nun ebenfalls bei mir gemeldet. Es hat den Anschein, daß das Fernsehen ihre genaueren und klärenden Erläuterungen zu dem Vorgehen komplett herausgeschnitten hat; es war allerdings auch eine Sendung zu einem anderen Thema, und bei der stets knappen Sendezeit kommen Kürzungen nicht unbedingt unerwartet. Sie habe die Redakteure ausdrücklich auf die Problematik bei den Aufnahmen aufmerksam gemacht, jedoch keinen Einfluß auf den Schnitt bekommen - und noch nicht einmal einen Mitschnitt der Sendung erhalten. Für die Kameraführung und die Wahl der problematischen Ausschnitte müssen sich demnach die betreffenden Redakteure der ARD an die Nase fassen. Frau Dr. Kreutz selbst distanziert sich ausdrücklich von jedweden rechtslastigen oder rassenkundlichen Einflüssen. 2/11/04, 11:40
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13/09/04

StaBiKat die Zweite

Es ist eine Farce und grenzt an bittere Realsatire.
Heute fand sich auf der Hauptseite des OPAC der Staatsbibliothek zu Berlin folgender Hinweis:
StaBiKat Anti-User Campaign

Außerdem: Falls der Ausleihausweis abgelaufen ist (die StaBi verlangt für ihren herausragenden Service 10 Euro pro Jahr), dann kann man natürlich auch keine Online-Bestellungen tätigen, bis man das Geld übergeben hat.

Ist es möglich, daß Berlin Geisteswissenschaftler, Recherche und Forschung schlicht nicht haben möchte?
Aber warum, warum kann das dann einem nicht einfach gesagt werden?

Nachtrag: 15. Es sind mittlerweile 15 Euro.

27/08/04

Rassentheorien auf dem Server der Uni Heidelberg

Erstaunlich, was sich auf den Servern deutscher Universitäten so findet.
Rassentheorien aus den 20er und 30er Jahren beispielsweise, dargestellt von einer angehenden Lehrerin (!).

[ http://www.ph-heidelberg.de/stud/heppn/reli_2_7.htm ]

Abgesehen von der Tatsache, daß der überwiegende Teil der Behauptungen sachlich falsch ist und einige höchst bedenklich - so der Gebrauch des biologisch unsinnigen und gesellschaftlich äußerst brisanten Wortes " reinerbig" - stellt sie dieses empfindliche Thema mit einer unverantwortlichen Leichtfertigkeit und einer mehr als dünnen Literaturbasis ins Internet. Der Anschein des Wissenschaftlichen erhöht die Unangemessenheit der online gestellten Arbeit.

Es wäre dem Ansehen der Universität Heidelberg sicherlich dienlich, wenn die Arbeit vom Uniserver genommen würde.

Nachtrag:
7.4.05: Die Universität hat es endlich geschafft, die Seiten offline zu nehmen! Höchste Zeit - den Betreffenden sei gedankt.