29/05/08
Berliner Zustände 2007: Dunkelfeld Rechtsextremismus
Der Schattenbericht "Berliner Zustände 2007" ist als 64seitiges PDF frei
ladbar und beobachtet Vorkommnisse rechtsextremer Gewalt. Nebenbei wird
im Vorwort auch auf die mehr als fragwürdigen Postgeheimnisverletzungen
seitens des Berliner LKA (das öffnen von Briefen an/von Journalisten,
Beobachten von Photographen) gegen jene, die sich aktiv gegen rechts
einsetzen, eingegangen. Insgesamt fokussiert der Bericht neben den
Zahlen von ReachOut, die mit Berichten über einzelne Opfer rechter
Gewaltverbrecher versehen sind, auch auf das teilweise durchaus
skandalös zu nennende Verhalten von Justiz und Ermittlungsbehörden, das
in dem Kottbusser Fall ja auch gerade wieder seine Bestätigung fand. Ein
an sich schon erschreckendes Zitat aus dem Beitrag von ReachOut: "Ein
harmonisches Miteinander kann es nicht geben, solange bspw. das
Landeskriminalamt MitarbeiterInnen beschäftigt, die persönliche Daten
von antifaschistischen AktivistInnen an organisierte Rechtsextremisten
weitergeben."
Der Bericht untermauert die Einschätzung
eines Experten, der in einem Fernsehinterview kürzlich feststellte, daß
die Erwähnung von rechter und linker Gefahr in einem Atemzug
unangebracht sei: Linker Radikalismus findet keinen Rückhalt in der
Bevölkerung oder in den Behörden. Rechtsradikalismus dagegen ganz
offensichtlich durchaus, und gelegentlich sogar bei letzteren.
In anderen Bereichen ist er recht diskussionsbedürftig, so in der m. E.
reichlich akademischen und fragwürdigen Definition von Rassismus im
Beitrag "Rassismus gegen Deutsche?", die m. E. den reichlich
unglücklichen und wenig hilfreichen Ansatz eines
"Einbahnstraßen-Rassismus" vertritt; auch das Zitat im Folgebeitrag, "Rassismus
ist historisch und politisch mit der Konstruktion der »weißen Rasse«
verbunden", mag wie hier pauschalisiert dargestellt zwar
emotional befriedigend sein, ist aber nichtsdestoweniger schlicht falsch
und sollte wenn, dann nur spezifisch örtlich und zeitlich definiert
verwendet werden. Gerade in einer Debatte wie dieser ist eine klare,
sachliche und auch begrifflich sehr bedachte Herangehensweise, ebenso
wie eine klare Differenzierung essentiell.
Dennoch enthalten auch
diese Beiträge wichtige Grundaussagen, denen meist zu wenig
Aufmerksamkeit geschenkt wird; beispielsweise zur Wechselwirkung von
rassistischem Verhalten und dessen Entschuldigungen.
Ein kleiner
Nachteil der Pubikation mag ästhetischer Natur sein, die Verwendung des
leider immernoch recht verbreiteten typoästhetischen Verbrechens des
"-Innen" nämlich, das die Augen tränen lässt (schönste und sehr
deutsch-korrekte Gendertypokapriole: "einE türkischeR
DeutscheR". Am Rande dazu: Das Mainzer Studentenwerk hatte auf
den Mensakarten Ende der 90er Jahre "Student/innen/en"
gedruckt).